Matth. 7, 24-27
Am 12. August 2002 verwüstete das Flüsschen Müglitz die Erzgebirgsorte Glashütte und Weesenstein. Oberhalb von Glashütte war der Damm des Rückhaltebeckens gebrochen. Eine Flutwelle mit 50 000 Kubikmeter Wasser ergoss sich in Kleinstadt. In Weesenstein riss die Müglitz zehn Häuser komplett mit sich und verwüstete Teile des Schlosses. Das Bild einer Familie, die 13 Stunden auf der letzten 36 Zentimeter breiten Mauer ihres Hauses ausharrte, von den Wassermassen umtost, ging um die Welt. Die Bilanz der Katastrophe in Deutschland: 370 000 Menschen waren unmittelbar vom Hochwasser betroffen. 21 Menschen starben. Die volkswirtschaftlichen Schäden, stiegen auf mehr als elf Milliarden Euro.
Wolkenbrüche, Hochwasser, weggeschwemmte Häuser, nichts Neues, das kennt die Geschichte, das kennt unser heutiges Gleichnis.
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Ein Grund der hält
Wer auf das hört, was ich gesagt habe, baut sein Haus auf felsigen Grund.
Wo Jesus vom Häuser bauen spricht, hat er Ahnung. Sein Handwerk hat goldenen Boden. Als Zimmermann weiß er was hält und was fällt. Die Statik wird auf die Krise ausgelegt. Sein Hausbau hat das Unwetter im Blick. Wer plant, muss mit dem Ernstfall kalkulieren. Es geht ums Fundament, nicht ums Haus. Es geht um zwei Häuser, die vielleicht nach außen ziemlich gleich aussehen, das eine bleibt, das andere bricht.
Jesus stellt Lebensplanung auf das Wort. Das Wort ist Schöpfung, ist die Statik der ganzen Welt. Alles was auf der Erde und im Kosmos besteht, besteht aus dem Wort: Es werde! Die Naturgesetze haben ihren Ursprung im Wort. Es wird Morgen und Abend. Die Sonne scheint und es regnet, und wenn beides zusammenkommt entsteht ein Regenbogen. Wir erleben Sommer und Winter, Hitze und Kälte, Saat und Ernte. Das funktioniert alles wegen des Wortes. Der menschliche Tagesablauf ist wortabhängig. Wo Christus das Wort ist, ist dem Menschen die Christusbeziehung in die Wiege gelegt. Mit unserer Geburt feiert das Wort bereits Auferstehung. Wir haben das Wort mit der Muttermilch aufgesaugt und es pulsiert im Blut durch unsere Adern. Das Wort ist in der Tiefe unser Fleisch und Blut. Es ist nicht Audio, es ist Energie. Es ist der Christus in mir, die Realpräsenz Gottes im Menschen. Es ist mein Pulsschlag, es ist der Tritt meiner Schritte, es ist der Klang meiner Stimme, es ist die Liebe meines Herzens. In diesem Wort lebt das Unvergängliche, damit hat Gott sich für ewig an den Menschen gebunden
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Wort-bruch bringt um
Wer sich meine Worte nur anhört, aber nicht danach lebt, der ist so unvernünftig wie einer, der sein Haus auf Sand baut. 27 Denn wenn ein Wolkenbruch kommt, wird kein Stein wird auf dem anderen bleiben.«
Loslegen und abwarten, kann tödlich sein. Das steht schon auf jeder Zigarettenschachtel. Jesus beschreibt wortlos leben als blauäugig. Seine Worte sind nicht zum Hören gedacht; sie wollen durchdringen, sie wollen in Bewegung setzen. Hören heißt gehen.
Dem Wort keinen Raum verschaffen, ist lebensgefährlich. Das Wort ist keine nette Verzierung von Lebensphilosophien, das Taufen, Trauungen und Beerdigungen einen feierlichen Rahmen verschafft. Wo das Wort seine gestaltgebende Kraft verliert, verarmt die Kirche, die Glaubenden gehen unter. Es sind nicht nur die, die bewusst von Gott nichts wissen wollen, und alles fromme aus ihrer Lebensgestaltung verbannen, sondern die hören und nicht tun. Jesus meint nicht die von „Draußen“, sondern das Volk, die Jünger, die die unter Gottes Wort sitzen. Er konfrontiert die laschen Glaubenden. Er geht an die, die Ja sagen und Nein leben. Ihm geht es um die Bewusstseinsspaltung, um fromme Schizophrenie. Der Glaubende ist kein Mülleimer, der das Wort verschluckt, dass es für immer weg ist. In der Krise zeigt sich nicht nur der wahre Charakter des Menschen, sondern ob in ihm das Wort lebendig oder tot ist. Unter dem Wort sitzen und sich nicht bewegen zu lassen, ist ein Schiffbruchunternehmen. Fromme Thesen schwingen und nicht die Wunden der Kranken verbinden, ist der Untergang des Christentums.
Christus hat natürlich bei diesem Bild das ganze Reich Gottes im Blick. Seine Statik sieht die Gemeinde nicht nur in irdischer Hinsicht. Dahinter steht auch die Frage: Hält unser Lebensgebäude der ewigen Gottesgegenwart stand? Ist das Wort so mächtig in uns, dass uns der erlösende Christus, durch das Gericht der Werke bringt. Auch für die Ewigkeit ist die alles entscheidenden Frage, ob Christus in uns lebte, oder das Wort nichts an uns ausrichten konnte. Am Umgang mit dem Gehörten, entscheidet sich unser Hiersein und Dort sein. Wir sind durch und für das Wort geschaffen, es will uns formen und festmachen, wenn Stürme und Gerichte uns aus den Angeln heben wollen.
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Wort-tat macht sicher
Wer danach handelt, was ich gesagt habe, der ist klug. Er baut auf felsigen Grund. Wenn das Hochwasser steigt und der Sturm rüttelt, wird das Haus trotzdem nicht einstürzen.
Das Wort produziert keine Schwätzer, sondern Täter. Reich Gottes ist Handlung, da passiert etwas. Da ist Schöpfung, Aktion, Bewegung. Das Wort ist die Sichtbarmachung von Herrlichkeit durch Arbeit. Das Wort, das an uns ergangen ist, macht uns zu Bauarbeitern des Gottesreiches. Hören heißt bauen, heißt, dieser Welt Statik verleihen. Die durch das Wort Bewegten, trotzen dem Hochwasser. Das Handeln aus dem Wort, ist das Bollwerk gegen Wolkenbrüche. Das Wort ist gerade für die Stürme des Lebens gemacht. Dort wo Knochen brechen, Finger abgesägt werden, Rückenmarksnerven durchtrennt sind, Geschwüre und Tumore wachsen und Häuser abbrennen, helfen keine billigen Worte mehr. Da braucht es ein Wort das handelt. Eine blutende Welt braucht Erlösung, – das ist Tat. Kreuzwege müssen ausgelitten werden, und das ist richtig Arbeit.
Wo das Wort uns trifft, nimmt es uns in die Verantwortung. Es will uns zum Tun bringen. Es ist die Handlung gegen die Stürme und alle widrigen Umstände. Der Handelnde hört auf das Hochwasser zu beklagen, sondern er steht und übersteht. Durch das Wort sind wir nicht mehr in der Opferrolle des Schicksals, sondern in der Gestalterrolle des Schöpfers. Wir ziehen uns nicht zurück, sondern treten den Wellen entgegen. Da kämpft die Hoffnung gegen alle Entmutigung.
Das eigentliche Problem der Glaubenden ist nicht der Wolkenbruch und die Naturkatastrophen, die über ihn hereinbrechen, sondern sein mangelnder Halt im Wort. Wer in den mitmenschlichen Krisen in die Knie geht, wer in Spannungen auf den andern zeigt und Schuldige sucht, hat noch nicht verstanden, dass nächste Woche, das nächste Hochwasser anrückt. Auch wenn man Bachläufe begradigt und die Überflutungsgefahr eindämmt, geht die grundsätzliche Frage an unser Fundament. Wo wir nicht aus dem Wort heraus zu eigenverantwortlichem Handeln aufstehen, wird uns auch die nächste Krise wegspülen.
Das Wasser bis zum Hals überdauern wir dort, wo wir in der Vollmacht des Wortes handeln.