- Thess. 2, 4-8
Metzingen ist beliebt. Das sagt zumindest der „Outlet Center Report Europa“ zum Jahresanfang. Denn dort wurde Metzingen zum best bewerteten Outlet Center in Deutschland gekürt. Europaweit belegt die kleine Modestadt sogar den 8. Platz. Und auch Oberbürgermeister Ulrich Fiedler ist stolz auf seine Stadt, so eine Pressemitteilung.
Metzingen ist nicht mehr wiederzuerkennen, das sage ich als Metzinger über meine alte Heimat. Um das zu werden, was es heute ist, musste das Städtebild von damals komplett auf den Kopf gestellt werden. Da wurde abgerissen, aufgewühlt; das Alte musste völlig weg. Um zum Touristenmagnet zu werden, musste in den Köpfen von ein paar wenigen Menschen, ein radikales Umdenken stattfinden.
Zur Zeit der Apostel schlug es in Thessalonich gewaltig ein. Das Evangelium in seiner ganzen dynamisch zerschmetternden und frohmachenden Kraft schlug ein. Es begann ein Umbruch von gewaltigem Ausmaß.
1. Zur Veränderung erwählt
Brüder und Schwestern, von Gott geliebt, wir wissen, dass ihr erwählt seid;
Wenn Gott liebt und wählt geht es um eine Großbaustelle. Da steht Menschsein vor einer Globalsanierung. Da rücken Tieflader für größte Umbrüche und Presslufthämmer für eine gewaltige Zerlegung an. Erwählt sein heißt, da hat einer eine atemberaubende Vision, die ans Eingemachte geht. Wenn Gott liebt und wählt, dann hat das nicht zuerst mit nett sein zu tun und nicht mit einer Einladung in eine meditative Kuschelrunde.
Ganz im Gegenteil. Bevor aufgebaut werden kann, müssen bestehende Trümmer und Hindernisse aufgeräumt und der Grund entsorgt werden. Alte Baumasse wird mit riesigen Maschinen abgetragen, tief in die Erde gebohrt und dann entstehen unwahrscheinliche Bauwerke. Das ist das Los von Metzingen und das ist das Los von Berufenen. Da muss das Alte erst weg.
Die Erwählung trifft immer auf Menschen in der Gottestrennung – da gibt es keine Ausnahmen. Der natürliche Mensch ist in der Tiefe ein Gottloser – einer der weit weg ist, von dem was sich Gott von ihm gedacht hat. Wen Gott liebt und erwählt, den erwählt er zum Bearbeiten. Er will den gottlosen Nerv aufwühlen, all die leblosen Ersatzkulissen, die sich Menschen aufgebaut haben. Gott will fromme Formen zerstören, die sich auf eine Beschaulichkeit zurückgezogen haben und besserwisserisch auf die armen Sünder herabschauen. Gott wählt deshalb, um unsere Irrtümer zu beseitigen.
Ein alter Lehrer sagte einmal: Das erste Verständnis, das wir von Gott haben ist ein Missverständnis. Dazu sind wir geliebt und erwählt, dass dieser Irrtum grundlegend verändert wird. In allen verdrehten Auffassungen sollen die Fetzen fliegen, dass viel Platz für Neues entsteht. Für Gott gibt es keine empfindlichen, denkmalgeschützten Heiligtümer, die vor einem Abriss verschont werden. Geliebte Gottes sind Menschen, die ständig bearbeitet und umgebrochen werden.
2. Durchs Wort verwandelt
denn unser Evangelium kam zu euch nicht allein im Wort, sondern auch in der Kraft und in dem Heiligen Geist und in großer Fülle. Und ihr seid unsere Nachfolger geworden und die des Herrn und habt das Wort aufgenommen in großer Bedrängnis mit Freuden im Heiligen Geist,
Wo das dynamische Evangelium einen Menschen trifft, trifft sie ihn immer zuerst als Gottlosen, als verkehrt Denkenden. Evangelium ist zuerst ein Trümmerwerkzeug, das verkehrte Werte zerstückelt. Die Kraft des Wortes ist zum Zerlegen nötig, weil der Mensch die Werte verdreht hat. Evangelium ist eine Abrissbirne, das Falsches zerkleinert. Um den Dreck zu heben, muss das Wort ungemütlich sein. Es muss die ganzen alten Fundamente erschüttern. Wo das Evangelium in der Kraft des Geistes unterwegs ist, muss Granit behauen werden. Da geht es nicht leise und beschaulich zu, sondern da fallen Worte, die ein Erdbeben auslösen.
Wer die Welt verändern will, und nicht nur historische Forschungen betreibt, kann nicht mit Pinzette und Wattestäbchen unterwegs sein. Wo solche heiligen Worte auf die Erde fallen, kann nichts bleiben wie es ist. Wo das Evangelium als Streichelzoo verstanden wird, in dem nur Nettigkeiten ausgetauscht werden und keiner hart angefasst werden darf, wachen nur behütete Kuscheltiere heran, die selbst nicht lebensfähig sind. Ein Evangelium, das nicht scharf schneidet, ist wie ein bewusst abgestumpftes Messer, an dem man sich nicht mehr verletzen kann.
Wo das Wort keine Felsen mehr zerschmeißt, ist es kein Evangelium. Das Wort hat die Kraft die ganze Welt zu verändern, jedoch nicht, wenn man ihm die Schlagkraft nimmt. Es will in Menschen einschlagen, es will sie verändern. Es sucht Menschen, die diesen Einschlag an sich zulassen. Es sucht Menschen, in denen Christus ein völlig neues Städtekonzept aufschlagen kann.
Dort steht auf der Bautafel: Hier baut Gott, der Herr des Himmels und der Erde, durch seine Geliebten und Berufenen sein Reich auf Erden.
Damit werden Christusspuren in die Welt gebahnt. Damit wird die Liebe geboren, die ein Mensch nicht aus sich selbst hat. Er lernt zuerst, sich in der richtigen Weise zu lieben, sich anzunehmen und mit sich selber zurechtkommen, um dann frei zu werden für den anderen. Das ist die Liebe, die dem anderen zum Besten dient. Sie fragt sich: Mit welchen von meinen Gaben, bringe ich anderen den größten Nutzen? Sie denkt verschenkend für den anderen, während der Eigennutz nur an die eigene Erbauung denkt.
3. Verwandelt zum Zeugnis
sodass ihr ein Vorbild geworden seid für alle Gläubigen in Makedonien und Achaia.
Veränderungen fallen auf. Gewandeltes Leben ist Zeugnis. Bei Verwandelten sind Worte zu Taten geworden. Wer mit sich selbst zurecht kommt, kann gelassen Fehler eingestehen. Er kann sich und anderen vergeben, was oft schon ein großes Wunder ist, bei den Altlasten, die wir mit uns herumschleppen. Das Zeugnis des Wortes ist nicht Wort, sondern gelebtes Leben. Ein Leben wird dort zum Vorbild, wo es vom Reden ins Tun verwandelt wurde. Große Erkenntnisse sind schnell und viele abgelassen, doch wo das Zeugnis unter die Menschen hineingelitten wird, da wird es echt.
Abram Lincoln sagt: Deine Taten schreien so laut, dass ich deine Worte nicht verstehen kann.
Zum Vorbild wird nur das gelebte Wort, alles sonstige Gerede kann man sonst vergessen. Beim Vorbild ist reden und tun das Gleiche. Wo uns das Wort nicht zu Leidenswegen, zu Wegen der Einsamkeit erzogen hat, kann es auch keinen Trost und keine Kraft spenden, wenn die Tage schwerer werden. Unser Ja zu Leiden, ist die Liebe, die das Geschlagene trägt. Vorbilder sind durch das Wort Gewandelte. Es sind eucharistische Menschen, die diese Welt durch ein Sein und nicht durch ihr Reden verwandeln. Es sind die Menschen, die dadurch überzeugen, wie sie ein in Schutt und Asche liegendes Lebenswerk, beherzt in die Hand nehmen und wiederaufbauen.
Es gibt keine Ausnahme, denn Erwählte sind Menschen, die erst hineinwachsen müssen in solches Leben. Leben und Zeugnis lassen sich beim Glaubenden nicht voneinander trennen. Das, was die Glaubenden aus den Kräften der Erlösung erhalten, geht bei ihnen zuerst in Hände und Füße und später erst in den Mund. Gott wandelt. Und wo verwandelte Menschen auftreffen, wird auch Kirche wieder lebendig.
Es geht gar nicht anders, als dass das verkündigte Evangelium, zunächst einmal uns zerschmettert und dann mit Bauen beginnt. Es muss die Basis schaffen, die Baugrube freilegen für das Neue. Gott will diese Welt verwandeln und das geht nur mit verwandelten Menschen. Zu dieser atemberaubenden Städteplanung sind wir erwählt, um zu lebendigen Zeugen zu werden.