Alles hat seine Zeit

Hiob 14, 1-6 (HfA)

Der diesjährige Prälatenempfang in Balingen hatte dieses Thema: Alles hat seine Zeit. Prof. Dr. Mezger, aus Freiburg, der mit seinem Vortrag einen faszinierend großen Bogen spannte, zwischen kosmischer Schöpfung und dem Kalender, hat unsere Jahre und Tage strukturiert. Zeit ist die Einteilung, in der die Erde in 365 Tagen und 6 Stunden einmal um die Sonne kreist – damit vergeht ein Jahr. Eine Drehung der Erde um die eigene Achse ergibt einen Tag mit 24 Stunden. Wenn der Mond einmal die Erde umkreist vergeht ein Monat. Zu früherer Zeit begann das Jahr nicht am 1.Jan. sondern am 25 März, an Maria Empfängnis. Das neue Jahr begann mit der Zeugung von Christus und war der Tag der Neuschöpfung. 9 Monate später war dann Weihnachten. Genau heute am Martinstag beginnt die Weihnachtszeit und geht bis zu Lichtmess am 2. Februar. Dieser Zeitraum ist durch drei Mondphasen verbunden, deren Mittelpunkt die Heilige Nacht ist. Das Ganze ginge weiter mit der Osterzeit, dem Johannistag und aller markanten Tage, die die Struktur unserer Zeit bilden und auf geheimnisvolle Weise zueinander in Beziehung stehen.

Hiob steht vor so einem Zeitfenster und macht gewaltige Entdeckungen.

  1. Von der Zeit getaktet

die Dauer seines Lebens hast du festgelegt

Zeit ist kein Zufall. Alles was auf dieser Erde geschaffen ist, steht in der Beziehung zu Gott und den Strukturen, die er festgelegt hat. Ohne den Rhythmus von Tag und Nacht gäbe es keine Schöpfung. Die Uhren dieser Welt ticken nach dem Takt, der ihnen durch kosmische Zusammenhänge vorgegeben ist. Die Jahreszeiten, die wir erleben, hängen mit einer elliptischen Umkreisung der Erde um die Sonne zusammen und der Neigung der Erdachse. Dass eine weibliche Eizelle, von einer männlichen Samenzelle befruchtet wir, liegt in einer Trefferwahrscheinlichkeit, die geringer ist als ein Lottogewinn. Hinter solch einem Zufall liegt bewusste Schöpfung. Dass sich gerade unsere Eltern unter sieben Milliarden Menschen auf diesem Planeten begegnet und wir dann daraus entstanden sind, ist ein reines Wunder. Dass wir am Leben sind, liegt in unvorstellbaren kosmischen Gesamtzusammenhängen, bei denen einer bewusst einen Anfang und ein Ende setzt. Alles in der Schöpfung hat seinen präzisen, ausgewählten Platz, seine Aufgabe und Bestimmung, damit das Leben rund läuft.

Wer solche Zusammenhänge entdeckt, für den ist kein Augenblick mehr ohne Bedeutung. Für den wird jeder Moment zur Anbetung. Da bekommt nicht nur das Leben an sich einen Sinn, sondern jedes Ereignis, das diesem Leben zufällt, egal ob schön oder tragisch. 23° Grad Neigung der Erdachse, scheint so etwas von belanglos, dass man eigentlich sagen könnte, es juckt doch niemand ob die Achse nur gerade oder schräg steht. Doch genau diese Kleinigkeit, regelt ob wir im Schnee ersticken oder in der Hitze verschmachten. Wo unser Leben für die Dauer von 50 bis 90 Jahren festgelegt ist, kann keiner mehr sagen, Glück oder Pech gehabt. Jede Sekunde, die unser Puls schlägt, ist nicht in erster Linie die Frage der Ernährung und der Bewegung, die wir dem Körper gönnen, sondern ist der Atem Gottes, der die Welt bewegt.

Hiob ahnt etwas von dem, dass genau in dem, was ihm unter den Händen zerrinnt, eine geheimnisvolle Gottesoffenbarung liegt. Alles Wegbrechen und Sterben auf diesem Weg ist von höchster Bedeutung.

  1. Von der Zeit aufgelöst

Du musst doch wissen, dass aus Unreinheit nichts Reines entsteht.

Wo die Zeit eine Dauer hat, hat sie somit einen Anfang und ein Ende. Zeit ist das Maß für Entstehen und Vergehen. Sie tickt für die Vergänglichkeit. So lange der Sekundenzeiger läuft, ist nichts für die Ewigkeit geschaffen. Das Menschsein in einem Zeitfenster, muss verwelken. So lange wir leben, begleitet uns Verwesungsduft. Das reine unsterbliche Leben ist in einem Zeitrahmen nicht zu erreichen. Der Mensch ist auf dieser Erde zerfällt einfach. Zeit ist der Raum des schuldig Werdens. Was aus Erde ist, hat den Hang wieder zu Erde zu werden. Der Körper verbraucht sich, die Beziehungen werden marode, selbst der Glaube stumpft ab. Wir alle wissen wie mühsam das alt werden ist. Plötzlich tragen große Persönlichkeiten wundersame Kleider. Vertraute Menschen werden uns zu Wildfremden. Verbrauchte Leiber beginnen unter Schmerzen zu schreien. Sanftmütige Partner können Raufbolden werden. In der Zeit werden Unreinheiten geboren. Sie ist der Ort des Fallens. In der Zeit lebt die Tragik, dass sie aus sich heraus nichts Unvergängliches schaffen kann. Die gefallene Welt muss Schicksale gebären.

Solange Zeit ist, ist Sterben normal. Ob wir sagen, es ist eine gute oder böse Zeit, der Inhalt von Zeit besteht aus Erde. Aus der Nummer des schuldig Werdens kommen wir nicht heraus. Was in der Zeit geboren wird, muss mit dem aufgelöst werden leben. Die Zeit an sich, ist ein hoffnungsloser Fall. Alles Mühen um Bodenständigkeit, kann nicht aus dem Boden kommen, der einmal zum Grab wird. Aus dem reinen Menschsein kann nichts Gutes kommen.

  1. In der Zeit zeitlos

So schau jetzt weg von ihm, damit er Ruhe hat und seines Lebens noch froh wird. Und doch verlierst du ihn nicht aus den Augen und stellst ihn vor dein Gericht!

Wer die Abläufe der Zeit ohne den Taktgeber betrachtet, der kann nur verzweifeln. Jedes Nachdenken über die Vergänglichkeit, führt unweigerlich in die Sinnlosigkeit und bringt der Entscheidung näher, einen Strick zu nehmen. Nach Hiobs Motto: „Lieber Gott, schau mir doch nicht immer auf die Finger, da kommt sowieso nichts Gutes dabei heraus. Was erwartest du Großes, Edles und gar Ewiges von einem, auf dessen Bauch einmal nur noch die Ewige Liebe blühen wird?“

Mitten im Auskosten des bitteren Geschmackes von Zeit, erkennt Hiob den Zeitlosen. Der Sekundentakt der Zeit kommt nicht aus der Zeit. Außerhalb der Zeit steht die große Atomuhr, die alle Uhren ticken lässt. Das Eigentliche des Lebens entsteht nicht innerhalb des Zeitrahmens, sondern liegt im davor und dahinter. Das bisschen Zeit steht im Kontext eines unvergänglichen Kosmos. Wo Gottes Augen jede Sekunde im Blick haben, wird Zeit kostbar. Unter diesen Augen wird die Zeit heilig.

Wo Hiob nach Gottes Gericht schreit, ist es der Schrei nach Erlösung. Das Gericht der Erde ist das Grab, das Gericht Gottes ist Christus. Damit durchbricht Gott das irdische Zeitfenster. In Christus ist der Horror der Vergänglichkeit unterbrochen. Mit ihm tickt nicht die Uhr des Sterbens, sondern des Lebens. Alle Gesetzmäßigkeiten von Zeit und Welt, finden in Christus einen neuen Takt. Das ist die revolutionäre Botschaft in eine vergängliche Welt. Zerfall ist normal, jedoch unter Gottes Augen wird im Zerfall etwas lebendig. Das Gesetz Christi heißt Auferstehung.

Damit ist jetzt die Zeit, wo wir in der Verzweiflung hoffen können. Da ist ein Energiepool, für leere Batterien, die auf Rot stehen. Da zählt nicht was sterbende Umstände zulassen, sondern was die Wirkung des Wortes für Kräfte freisetzen kann. Das tröstet eine sich auflösende Welt. Das Gesetz Christi gibt auf morastigem Boden Halt.

Damit steht jede Krise unter einem anderen Stern. Wir leiden zwar unter dem Zerfall, können jedoch darunter nie die Hoffnung verlieren. Wir leben unter Sterbenden und werden darunter lebendig bleiben. Wir sind in unserer Hinfälligkeit durchschaut, bleiben jedoch geliebt. Wir sind unrein, sind aber befreit für ein zeitloses Leben mitten in der Zeit.

Alles hat seine Zeit. In allem wo wir leben, offenbart sich Christus. Wir durchleben die härtesten Krisen und genau darin entfaltet das Wort seine Macht. Die Offenbarung findet im größten Mist statt. Der schrecklichste Alltag wird dann zum Platz der Anbetung.

Jetzt ist die Zeit, das zu glauben und zu leben.

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