Frischer Wind in der Wüste

Joh. 1, 19-23

Advent hat mit versauertem Denken im Kopf zu tun. Ein gefeierter Wüstenprediger putzt die Platte für Advent. Die brillante Botschaft seiner Stimme fasziniert die Massen, seine klaren Thesen treffen Mark und Bein der einfachen Leute und stoßen den beamteten geistlichen Herren sauer auf. Eine fromme Stasi wird beauftragt, diesem Außerkirchlichen genauer auf die Finger zu schauen. Auf dem Prüfstand der studierten Fachleute für Weltanschauungsfragen, pflügt Johannes unbeirrt eine Christusspur in die Welt.

1. Seine Majestät der König

denn der Herr will kommen!“

Advent heißt Staatsbesuch. Gott rückt näher an die Abrücker. Seine Wärme marschiert zu denen, die ihm die kalte Schulter zeigen. Ihn jammert das Elend im Advent. Massaker auf dem Weihnachtsmarkt in Straßburg. Vor 2 Jahren mit Sattelzug in Berlin. Verzweifelte Lehrerin sucht Erlösung unter dem Zug. Gott brennt, wo einst liebende Herzen auseinanderbrechen. Er bebt wo sich Bruder und Schwester in den Haaren liegen. Gott kann und will die Menschen nicht sich selbst überlassen.

Das ausgelaugte, gebeutelte Leben schreit geradezu nach Advent. Es braucht es ein Licht, das nicht vom Straßendreck verrußt ist. Die königliche Antwort heißt Christus. In Christus formen sich Antworten auf die „Wozu´s“ die das Leben aufgibt. Mit dem kommenden Christus will Gott Haltlose stabilisieren. Kommen heißt bei Gott, „ich geb´ alles“. Ich geb´ alles für das Leben in rauchenden Trümmern, für ein Leben in den Schuttbergen der Menschlichkeit. Christus ist nicht nur unterwegs zu uns, sondern bereits bei Johannes mitten drin. Kommen hat ein Gesicht, hat Hände und Füße, die man anfassen kann. Kommen hat Augen, in denen die Glut der Zuneigung brennt. Kommen schmeckt nach Eucharistie, nach Tuchfühlung mit dem Ewigen. Gott will kommen, berühren und den Nerv treffen. Er will Menschen ans Eingemachte gehen.

Er greift nach einem entschlossenen Rufer, der seinem Kommen den Weg frei schreit.

2. Ein Tsunami räumt ab

   ‚Ich bin die Stimme, die in der Wüste ruft:‘

Der Prediger in der Wüste als Stadionsprecher mit Presslufthorn!? Rufen geht nur mit einem volltönenden Körper und tragfähiger Stimme. Rufen ist ein paar Phon lauter als der Anstand erlaubt. Der Angerufene muss zusammenzucken. Rufen ist eine verdichtete Miniinfo, die durch Mark und Bein fährt. Ein Ruf kommt ins Ohr und schlägt auf den Magen.

Halt! Achtung! Es brennt!

Rufer sind keine Nachrichtensprecher, die entspannt mit einem Dauerlächeln vom Erdbeben in Norditalien berichten. Sie sind Augenzeugen von tragenden Ereignissen, die andere wissen müssen. Es kann lebensbedrohlich sein, wenn sie den Mund halten. Sie sind Abhalter, Schutzpanzer, Dazwischengeher, auf den Weg Bringer. Den Kurzsichten sind sie ein Widersprecher, den Ungläubigen ein hoffnungsmachendes Energiebündel, den Zweifelnden ein Heer von Lichtanzündern. Das ist Rufen, das ist Verkündigen. Solch tönende Organe sind Posaunen des Königs. Diese Rufer sind keine selbstberufenen Wichtigmacher, sondern stehen im Auftrag seiner Majestät.

Das muss auch das kirchliche Fachpersonal bei Johannes zähneknirschend zur Kenntnis nehmen. Ein Außenseiter im Predigtamt. Vielleicht lacht sich Gott ins Fäustchen, wenn er die festgelegten Regeln seiner Ordnungshüter durchkreuzt? Er verschafft sich auf jeden Fall Gehör durch unüberhörbare Stimmen.

Man bekommt nirgends so viel zu sehen, als wenn man eine Stimme hört. Die Stimme verrät den Charakter sagt Theodor Fontane. Beim Hören sehen wir breitgezogene Augen oder spüren wir kühle Distanz. Ohne auf den Inhalt zu achten, strahlt einem Frische entgegen oder es klingt nach Kopfschmerzen. Stimme ist weit mehr als sachliche Informationsübertragung. Sie steht für Persönlichkeit.

Ein stimmgewaltiger Meister ist Gott selbst. Die Psalmen besingen ihn kraftvoll schüttelnd. (Ps. 29)

Die Stimme des HERRN ergeht mit Macht, die Stimme des HERRN ergeht herrlich. Die Stimme des Herrn zerbricht die Zedern.  Die Stimme des Herrn sprüht flammendes Feuer, die Stimme des Herrn lässt die Wüste beben, die Stimme des Herrn wirbelt Eichen empor, sie reißt ganze Wälder kahl.

So klingen Christusrufer. Rufende Verkündiger sind die Stimme Gottes. Wege durch die Wüste bahnen die Stimmen, die ordentlich Dreck wegschaffen können. Eine Stimme, die trifft, ist wie der Weckruf des Zugvogels, der riesige Vogelscharen zu einer weiten Reise an den Himmel bringt.

3. Weg mit dem Dreck

Räumt die Hindernisse aus dem Weg

Gott will unseren Altwarenhandel im Kopf mit Christus ausfüllen. Die Gedanken sind zentnerweise mit den Scherben der Menschlichkeit gefüllt. Da stapeln sich die Vorwürfe an das Leben, die menschlichen Enttäuschungen, selbst erfahrene Beleidigungen, die Angst vor dem Morgen, der Zweifel am Guten und aller Mangel an Glauben. Dazu kommt ein Gymnasiast der bei einer Führung durch unser Werk die Bemerkung zum Besten gibt: „Klasse und bewundernswert was Sie hier machen, doch das kann ich mir für mich nicht vorstellen!“

Ist das überhaupt wichtig, was wir uns bei Gott vorstellen können? Sind solche Gedanken nicht schon der Anfang einer Wüste im Kopf? Sein Kommen will unsere verkapselten Vorstellungen von ihm aufbrechen. Die Nase, die vom Schicksalsgeruch so zugenebelt ist, soll wieder die Gottesgegenwart riechen können. Der Dreck muss weg, die Strecke muss frei werden. Das Gehirn braucht frische Luft. Altlasten drücken auf den Boden, lähmen Handeln und verstellen Platz.

Christus ist eine Müllverwertungsanlage. Aus Altmetall wird ein Motor mit 500 PS geschaffen. In dieser Umwandlung wirkt die ganze Kraft der Erlösung. Diese Energie steht vor der Türe jedes Scherbenhaufens und jeder Wüste. Die täglich unverdaulichen Brocken verwandeln sich zu Kraftfutter, unter dem Kommenden.

In uns leben ein Tyrann und eine Kraftquelle, die entweder Hindernisse aufbäumen oder wegschaffen. Eine Seite des Gehirns verarbeitet alle schweren, belasteten, traurigen Eindrücke, die andere konzentriert sich auf das was aufbaut und antreibt. Sie werden gefüttert, durch das was wir anschauen und in uns aufnehmen, und von dem, was unsere Gedanken bewegen. Ein Blick in die Zeitung, dann strömen von 10 Nachrichten neun negative auf uns ein. Das wird stündlich im Radio wiederholt und kommt abends nochmals in Farbe aus der Kiste. Wirkungsvoller kann Lebensmut nicht im Keller landen. Da kann kein menschliches Organ mehr frisch bleiben. Hier wird aller Frust sicher gespeichert und kräftig verstärkt. Der Bedenkenträger ist der Hausherr und kennt nur die Farbe schwarz.

Die andere Gehirnmasse ist ein unstillbares Kraftwerk. Das ist der Kanal, mit dem wir den Christus unter uns wahrnehmen. Dieses Organ sieht den Himmel über sich offen. Es ist der geeignete Resonanzraum für die Gottesstimme. In den katastrophalen Umständen wird hier das Ja zum Leben geboren. Hier findet die Gottesstimme unseren inneren Raum, aus dem heraus sie den ganzen Menschen verwandelt. Hier empfängt unsere Krippe ihren Christus.

Das Gesicht erzählt, unser Gang verrät welche Gedanken wir verarbeiten und wo die Müllberge liegen. Welcher Lebensrealität verschaffen wir den Raum? Dem aufbauenden Christus oder der Tragik ohne Hoffnung.

Advent kennt nur einen Weg. Öffne den Raum für den, bei dem ein frischer Wind in der Wüste weht.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert