Apg. 16, 9-15
Jeder kennt das Ei des Columbus. Es war der erstaunte Ausruf: Ei, neues Land in Sicht! Ein unbekannter Kontinent war entdeckt. Sternstunde. Ein Telefonkabel wird durch den Ozean von der alten hin zur neuen Welt gelegt. Sternstunde. Einmalige Höhe- und Wendepunkte, die bis heute nachwirken, eben „Sternstunden“.
Das Wort von Jesus kommt nach Europa. Das Evangelium mischt unseren Kulturkreis auf. Eine Sternstunde ohnegleichen. Der Sonntag wird wöchentlicher Feiertag. Im Grundgesetz wird die Gleichberechtigung von Mann und Frau selbstverständlich. Soziale Gerechtigkeit und Nächstenliebe sind keine leeren Worte mehr. Alles hängt mit der Stunde zusammen, von der uns die Apostelgeschichte berichtet.
1. Die kleinen grünen Männchen…
9 Und Paulus sah eine Erscheinung bei Nacht: Ein Mann aus Makedonien stand da und bat ihn: Komm herüber nach Makedonien und hilf uns!
Paulus ist mit Silas und Timotheus unterwegs. Sie predigen in Kleinasien, der heutigen Türkei, gründen Gemeinden und stärken Christen auf ihrem Weg. Sie kommen an die Westküste. Vor ihnen das Mittelmeer, die Grenze Asiens. Wo geht’s jetzt weiter? Was ist jetzt dran? Da war kein Funke an Europa zu denken. Das war nicht ihre Welt.
Doch Gott denkt weiter. Paulus sieht kleine grüne Männchen, wie auch immer. Da war ein Mann aus Mazedonien vor ihm. Der Ruf aus dem 1.400 km entfernten Griechenland, kommt ihm völlig spanisch vor. „Komm herüber und hilf uns!“ Das war alles, was ihre Berufung ausmachte. Ein kurzer, banaler Satz. Kein großes Fragen, kein langes Ringen um Wege in die Zukunft, sondern ein schlichtes komm und hilf, – eindeutig und unmissverständlich.
Nächtliche Erscheinungen sind eher einen Fall für den Psychiater. Was in den Nächten so abgeht, sind vielmehr Albträume, die man schnell wieder losbekommen will. Wer glaubt schon grünen Männchen, die einen auffordern, Kopf und Kragen zu riskieren. Was jeden normalen Menschen irritiert, war für Paulus der Wink mit dem Zaunpfahl. Er kannte bereits wie der Heilige Geist tickt. Eins ist sicher, ob wir das spüren oder nicht: Gott ruft in Geistesblitzen. Er antwortet auf die Fragen: Wie geht’s weiter? Oft jedoch auf solch ungewöhnliche Weise, dass wir mehr an Hirngespinst als an Führung glauben. Diese Rufen kann haarscharf an der Grenze des Zweifels entlang schliddern. Grüne Männchen gehören in die Quarantäne als an den Bootssteg. Was vom Geist her kommt, kann leicht als Fata Morgana eingeschätzt werden, als eine Erscheinung, die gar nicht da ist. Trotzdem ist es eine Realität, die es jetzt auf mich abgesehen hat. Sternstunden und grüne Männchen liegen oft dicht zusammen.
2. …sind ganz schön echt
da suchten wir sogleich nach Makedonien zu reisen, gewiss, dass uns Gott dahin berufen hatte, ihnen das Evangelium zu predigen.
Gewiss, berufen zu predigen heißt: Schon am nächsten Tag Schiff ahoi, ab nach Europa. Der Geist, der auf verrückte Weise zu Außergewöhnlichem ruft, hat eine starke Begleiterscheinung. Paulus ist sich dessen gewiss, Gott ruft dahin. Wenn nicht diese Gewissheit mitschwingen würde, hätte die Berufung keine Antriebskraft.
Stellen wir uns das vor, was hier gerade passiert. Drei Männer, vor einem riesigen Kontinent. Athen: das Zentrum der Bildung. Rom: die Zentrale der Macht. Den dreien muss doch das Herz in die Hose rutschen! Verschwindend geringe Kräfte, und dann der Auftrag: „Komm herüber und hilf uns!“ Und das zu dritt. Das passt offensichtlich nicht recht zueinander. Gott mutet seinen Boten zu, was sie nicht leisten können. So geht das bis heute.
Wer sind wir denn, als kleine Schar der Blumenmönche in unserem Land?! Bei Licht betrachtet, ein Model, das vom Aussterben bedroht ist. Aber der Auftrag steht, komm und hilf! Das Wort muss unter die Leute. „Wir sind zur Verherrlichung Gottes angetreten, zur Verkündigung des Evangeliums mit zeitgemäßen Mitteln. Wir sehen unseren Dienst überall dort, wo er möglich, nützlich und förderlich ist.“ Das ist O-Ton unserer Regel. Auf unserer Fahne steht, jeder soll an unserem Leben, das lebendige Wirken Gottes unter den Menschen erkennen. Es ist ein Menschenrecht, dass auch eine moderne Welt, überzeugenden Glauben erlebt. Jeder Zeitgenosse soll die christliche Botschaft so hören, dass er sie verstehen und etwas damit anfangen kann. Wir bringen anderen Menschen das Beste, das es für sie auf diesem Erdboden gibt. Diesen Auftrag haben wir. Der Ruf zur Verkündigung ist echt. Der Ruf zu Christus ist elementar. Doch unser Auftrag hängt nicht davon ab, dass Menschen das wünschen und ein Bedürfnis empfinden.
Paulus und seine Leute werden in Europa von keinem erwartet. Keine Stadt rollt den roten Teppich aus. Gott allein ist es, der sie auf den Weg gebracht und ihres Auftrags gewiss gemacht hat. Als Blumenmönche sind wir eine Gemeinschaft des Wortes. Das reicht. Das gibt den Ausschlag. Das weckt Mut, Neuland zu betreten. Es geht beim Ausrichten der frohen Botschaft nicht um Angebot und Nachfrage. Wir arbeiten nicht am Bedarf orientiert, sondern am Auftrag.
Gott macht damals wie heute seine Leute gewiss: Dort, wo wir stehen, richten wir mit den uns zur Verfügung stehenden Mitteln, das Evangelium aus. Was daraus wird, ist Gottes Sache. Es ist in keiner Weise blauäugig, sich auf das Wort zu besinnen, um dabei zu erkennen, wie echt unsere Berufung ist.
Damit…
3. …und bewirken Unglaubliches
14 Und eine Frau mit Namen Lydia, eine Purpurhändlerin hörte zu; der tat der Herr das Herz auf, sodass sie darauf achthatte, was von Paulus geredet wurde.
Nach der Überfahrt geht’s gleich los. Sie suchen sofort Kontakt. Zunächst in Philippi, einer griechischen Garnisonstadt. Es wimmelt dort von Soldaten, von Freudenmädchen und allem, was das Militär damals entzückt hat. Am Fluss treffen sie einige jüdische Frauen, die dort beten. Paulus nutzt die Gelegenheit, um mit ihnen über Jesus zu reden. Kein Wort von langer Predigt und ausgiebiger Ansprache mit steilen Argumenten. Offensichtlich ist beim banalen plaudern der Funke übergesprungen. Das schlichte Reden von Jesus kommt an. Gott wirkt an den Frauen, die es hören.
Mit ein paar Frauen machten wir diese Woche ein Floristik-Seminar im Blumenhaus. Zu ihrem Arbeiten bekamen sie noch ein paar Impulse zum Thema: zarter Frühling machtvoll inszeniert. In einem extra Seminarblatt verdeutlichten wir, dass Frühling noch viel mehr mit uns zu tun hat, als nur, dass wir etwas floristisch gestalten. Frühling ist der Inbegriff von aufbrechendem Leben. Wenn wir durch das Wort berührt werden, rührt sich etwas in uns, dass ungeahnte Schätze freigelegt werden. Zwei Tage später der Anruf, dass ein Funke übergesprungen ist. Eine Dame sagte: jetzt bin ich wieder bei den Blumenmönchen angekommen.
Der wohlhabenden Purpurhändlerin Lydia ging das Herz auf. Bei der erfolgreichen Geschäftsfrau sind die Würfel gefallen. Gott will damals wie heute Herzen besetzen. Er will Willen und Gewissen von Menschen erreichen. Denen, die sich bisher auf ihrem Festland bewegt haben, will er neue Kontinente erschließen. Er will die alte Welt und die neue Welt mit einer hoch inspirierenden Leitung verbinden. Er will für die, die auf seinem Weg unterwegs sind und für die, die dazu kommen sollen, ganz persönliche Sternstunden schaffen. Er will, Signale des Himmels setzen.
Wir bringen das Wort an die Herzen, Gott bringt es in die Herzen. „Lydia „nötigt“ die Apostel, bei ihr einzukehren. „Bleibt, solange ihr wollt“. Das Haus der Purpurhändlerin wird zum ersten Hauskreis Europas. Es sind Sternstunden, wenn Gottes Wort irgendwo aufschlägt.
Es heißt aufmerken, wenn sich eine Stimme wie grüne Männchen anhört. Es gilt, den echten Ruf zu erkennen, der garantiert, dass Gott das so will. Dann gilt es nur noch Schiffskarten zu kaufen und hemmungslos aufzubrechen. Wir haben das Wort, wir haben den Auftrag. Ergreifen wir es und lassen es zur Sternstunde unseres Lebens werden.