Text: Eph. 2, 8 – 10
Große Persönlichkeiten zeichnen sich durch „Ihr Werk“ aus, das sie der Welt hinterlassen haben. Oft lässt sich dies an einem Punkt festmachen. Gandhi für die Befreiung Indiens, Mutter Theresa für ihren Dienst unter den Ärmsten der Armen, Luther für die Reformation der Kirche, Mandela für seinen Widerstand gegen die Apartheit, Albert Schweizer als der Urwaldarzt, oder Viktor Frankl für eine sinnzentrierte Psychotherapie. Was sie gemeinsam auszeichnet, ist die Idee von einer Sache, die jeder für sich im Herzen trug. Sie verzettelten sich nicht in alle möglichen Aufgaben, sondern folgten dem einen Gedanken, der sie zutiefst bewegte.
Wir spüren heute dem nach, was unser Werk ist.
1. Tritt einen Schritt zurück
Denn aus Gnade seid ihr gerettet durch Glauben, und das nicht aus euch: Gottes Gabe ist es, nicht aus Werken, damit sich nicht jemand rühme.
Eine gesunde Persönlichkeit hat ein starkes Ego. Wir kommen auf diese Welt und haben als Kind noch keine Vorstellung, von dem wer wir sind. Wir sind einfach da und haben noch keine Persönlichkeit. Im Laufe der Zeit entwickelt sich unser Ego, mit der Absicht, jemand zu sein. Dieser Prozess ist ungeheuer wichtig, zu einem starken, Ego zu kommen, um eine standfeste Persönlichkeit zu werden. In diesem Wunsch, jemand zu sein, erkennen wir uns selbst, was der Schlüssel zur Gotteserkenntnis ist. Wo wir diesen natürlichen Prozess der Ich-Bildung unterdrücken, kann sich keine gesunde, starke Persönlichkeit entwickeln.
In der christlichen Erziehung wurde diese Entwicklung oft als ungut gebrandmarkt. Wo sich das Ego als aufständisch zeigte, wo sich Widerstand regte, wurde es verteufelt. Das Ego darf nicht sein und ist von Grund auf schlecht. Unbewusst entstanden Menschen, die sich nie an Widerständen mit dieser Welt reiben mussten und zu frommen, ach so lieben Leisetretern wurden.
Wo jedoch ein Prozess zu einem gesunden Ego stattfindet, entstehen Menschen, die zu unterscheiden und zu stehen gelernt haben. Am Höhepunkt dieser Ego-Entwicklung geschieht die entscheidende Wende. Wo ich mich als ganzer Mensch dieser Erde wahrnehme, erkenne ich mich in einem viel größeren Zusammenhang. Das Ich erkennt die Gnade, nicht als Angelpunkt in der Welt zu stehen, sondern von einer ganz anderen Welt durchdrungen zu sein. Der Höhepunkt meiner Selbsterkenntnis wird zu Gotteserkenntnis. Ich erkenne mich nicht mehr in meinem Ich, sondern in meinem Selbst, das mit Gott in Verbindung steht. Hier wird mir bewusst, ich bin eine Gabe Gottes. Ich erschaffe nicht ein Werk, sondern Gott erschafft mit mir sein Werk.
Um so zurücktreten zu können, muss ich in der Erfahrung des ganzen Ichs gewesen sein. Ich kann mich nicht von etwas zurücknehmen, in dem ich nicht zuvor voll angekommen bin. Wo wir bewusst zurücktreten, beginnen Gottes Gaben in uns zu leuchten. Wo wir uns selbst zu wichtig nehmen, wo wir meinen, es hängt alles von meinem Einsatz ab, können wir nicht zu dem Werk werden, wozu uns der Glaube bewegen will.
2. Es ist alles bereit
Denn wir sind sein Werk, geschaffen in Christus Jesus zu guten Werken, die Gott zuvor bereitet hat,
Wo wir uns als Gottes Werk begreifen, steht unser Dasein unter einem viel größeren Horizont. Da geht es gar nicht mehr um mich. Da geht es um den Ich bin, der über Himmel und Erde gesprochen hat: Es werde. Ich bin ein Teil von diesem Ich bin. Ich bin eine Idee, die der Schöpfer ausgebrütet hat. Ein Liebesgedanke, der von dem Allmächtigen auf die Erde geworfen wurde. Er erschafft sich dafür Hände und Füße, in denen er diese Erde betritt. Wir sind sichtbar gewordene Liebe, die im Chaos gelandet ist. Wir sind zur Materie gewordene Allgegenwart Gottes. Alles was Gott ist, was er je war und sein wird, will sich an diesem Stückchen Fleisch, das wir sind, offenbaren.
Der Gott, der ewig ist, lebt bereits jetzt in der vollkommenden Vollendung all dessen, was einmal sein wird. Für ihn ist erfüllt, was sich für uns noch im Werden befindet. Seine Weisheit kennt den Ausgang unseres persönlichen Lebens und der ganzen Welt. Für ihn gibt es nichts, was nicht schon vollkommen da wäre. Das Leben, in das wir hineingeboren wurden, trägt das heilige Motto: Es ist alles bereit. Meinem Werk muss nichts hinzugefügt werden. Es braucht nur auf die Welt gebracht werden.
Christus hat dieses Werk auf die Erde gebracht. Der Geist von Christus, will es durch uns auf die Erde bringen. Wo dieser Geist durch eine Person weht, wird sie zu Gottes Persönlichkeit. Solange wir glauben, wir müssten uns alle Beine herausreißen, um das Werk Gottes auf die Erde zu bringen, leben wir noch im Ich unserer menschlichen Persönlichkeit. Wo wir meinen, unser gnadenloser Einsatz sei es, der dieses Werk entfaltet, leben wir in unserem unerlösten Ich. Unter dem Geist Christi entspannt sich aller selbstgemachte Kampf, in dem wir lediglich das zur Welt bringen, was längst bereitet ist.
3. Brings auf die Straße
wir sind sein Werk, dass wir darin wandeln sollen.
Gesunde Persönlichkeiten sind solche, die durch sich etwas Größeres entstehen lassen als sie selbst sind. Sie treten so weit zurück, um dem Raum zu geben, was sie innerlich antreibt. Sie erkennen so stark sich selbst, dass sie darin die Gnade Gottes erfahren, die ihnen wirklich zeigt, wer sie sind. Der Geist Christi ist die zarte Stimme in unserer Seele, die die Sehnsucht nach dieser Erfahrung weckt. Was Gott zur Welt bringen will, spielt sich auf ganz feine Weise in uns selbst ab. Ein hörendes Herz spürt dem nach, wozu es der Geist drängt. Es sind die Dinge, die uns unter den Nägeln brennen. Sie liegen gar nicht so weit außerhalb von uns. Es sind die Spuren unserer Leidenschaft, die das Barometer für die Gaben Gottes ist. Wir dürfen viel mehr in uns hineinlauschen, wohin der Geist uns drängt.
Oft haben wir das, was in uns leben will so stark verdrängt, dass wir schon ein schlechtes Gewissen bekommen, wenn da in uns ein Gedanke aufsteht. Wo wir den Entwicklungsprozess unseres Ichs nicht offen geführt haben, tun wir uns schwer, wenn sich in uns eine rufende Stimme regt. Wir stehen dann leicht in der Gefahr, wenn sich der Geist, durch irgendeine Gabe in uns regt, ihn als Anflug unseres Egos abzuwehren.
Christus ermutigt uns, dem tiefen Anliegen, das Gott in uns eingepflanzt hat, Raum zu geben. Er lädt uns ein, seinem Beispiel zu folgen und gegen alle Widerstände von außen und alle Anfechtungen von innen, das Heil in die Welt zu tragen. Es ist uns vorangegangen, wie Gottes Persönlichkeiten, ein Gespür dafür entwickelten, was Gott durch sie erschaffen will. Er suchte diese stillen Räume auf, in denen er sich von der Stimme Gottes durchdringen und bewegen ließ. Damit entstand in dieser Welt das einzigartige Erlösungswerk Gottes, das Menschen dazu befreien will, das Werk Gottes auf die Welt zu bringen.
Was glaubst du, was Gott durch dich geboren werden lassen will?
Sei wie Christus.