Sonntag, den 01.10.23
-Br. Markus-
Lukas 12,16b -21
„Ein reicher Gutsbesitzer hatte eine besonders gute Ernte.
17 Er überlegte: ‚Wo soll ich bloß alles unterbringen? Meine Scheunen sind voll; da geht nichts mehr rein.‘
18 Er beschloss: ‚Ich werde die alten Scheunen abreißen und neue bauen, so groß, dass ich das ganze Getreide, ja alles, was ich habe, darin unterbringen kann.
19 Dann will ich mich zur Ruhe setzen. Ich habe für lange Zeit ausgesorgt. Jetzt lasse ich es mir gut gehen. Ich will gut essen und trinken und mein Leben genießen!‘
20 Aber Gott sagte zu ihm: ‚Du Narr! Noch in dieser Nacht wirst du sterben. Wer bekommt dann deinen ganzen Reichtum, den du angehäuft hast?‘
21 So wird es allen gehen, die auf der Erde Reichtümer sammeln, aber mit leeren Händen vor Gott stehen.“
Sicher sein
Das Eichhörnchen ist ein putziges, kleines Tier. Es hüpft von Ast zu Ast in lebensgefährlicher Höhe, so beschwingt und leicht, als könne es fliegen.
Wir erkennen es daran, daß es immer das Gleiche macht, tagaus, tagein: Es sammelt Nüsse und gräbt sie ein.
Schon klar, daß jedes Eichhörnchen sowas macht, ja machen muß, denn wenn der Winter hart wird, muß man schon schauen, daß man was zu beißen hat – dann, wenn man als Eichhörnchen geboren ist.
So sammelt und buddelt das Hörnchen Tag für Tag, damit es was zu beißen hat.
Als Eichhörnchen ist man auf sich alleine gestellt, da muß man selber sehen, wie man durchkommt, weil man da eben keine Politiker hat, die einem unverblümt versprechen, daß die Nüsse sicher sind.
So hüpft man dann von Ast zu Ast, immer von der Angst geplagt, daß es nicht reichen könnte.
Möglicherweise ist das ja das Geheimnis, warum wir Eichhörnchen mögen. Sie denken und leben wie wir, wie der reiche Kornbauer, auf der Suche nach Sicherheit.
Ja, das Leben ist hart. Echtes Leben will aber viel mehr sein als Hüpfen und Nüsse vergraben – sagt der heutige Predigttext.
1. Geld oder Leben
2. Er, nicht ich
macht
3. Richtig reich
1. Geld oder Leben
„Ein reicher Gutsbesitzer hatte eine besonders gute Ernte.“
Hast du was, dann bist du was, hast du nix, dann bist du nix.
Christus wendet sich nicht gegen den Reichtum als solches, sondern viel mehr gegen das Reichenbewußtsein. Der Mensch neigt dazu, sich über sein Bankkonto zu erklären.
„Geld macht nicht glücklich, nur ruhiger“ sagte mir neulich ein Kunde, dessen Schuhe aus einer exklusiven italienischen Fabrik stammten.
Er hat ja Recht: Man schläft einfach besser, wenn man weiß, daß das Geld nicht nur für die Miete, sondern auch zum Essen reicht.
Wir leben als Blumenmönche davon, daß sich Menschen darüber hinaus noch so etwas Überflüssiges kaufen wie einen Blumenstrauß. Den kann man nämlich nicht essen, und verwelken tut er auch.
„Ein reicher Gutsbesitzer hatte eine besonders gute Ernte.“
Reichtum und Fülle sind ja nicht die Hölle, sondern Gottes Segen. Es ist toll, wenn der Apfelbaum voller Vitamine hängt und man die Kirschen nicht mit dem Vergrößerungsglas ernten muß.
Es geht nicht darum, den Reichtum zu verdammen, auch nicht so richtig um den Umgang damit, viel mehr um das Bewußtsein, um die trügerische Sicherheit, die ganz leicht aus einem hohen Kontostand entsteht.
Es geht ums Eichhörnchen-Denken, das man auch hoch verschuldet haben kann.
Es geht um die Beziehung zum Reichtum, weniger um den Reichtum selbst.
Christus will keine faulen Schmarotzer generieren, die voll Arroganz die Nase rümpfen über der arbeitenden Bevölkerung.
Er will keine fromme Verantwortungslosigkeit. Genau dagegen richtet sich der Text, gegen das Bewußtsein, alleine sorgen oder alleine nicht sorgen zu müssen.
Es geht weniger ums Geld, als viel mehr um Leben, das in Beziehung steht.
2. Er, nicht ich
Es ist die Frage nach der Quelle.
Woher kommt das Geld.
Woher kommt die Armut
Woher kommt das Leben.
Christus will keine fromme Eichhörnchenmentalität, mit der wir gute Taten sammeln auf der Himmelsbank.
Es macht keinen großen Unterschied, ob man Münzen oder gute Taten sammelt.
Es bleibt eine eichhörnchenartige Tätigkeit.
Gott spricht seine Lebensgarantie aber nicht für alle die aus, die hübsch ordentlich und fromm waren und tausend Omas über die Straße geholfen haben.
Auch das ist trügerische Sicherheit.
Einen Reichtum guter Taten gibt es eher nicht.
Es gibt nichts, was ich vorzeigbar sammeln könnte, um vor Gott zu bestehen.
Gott liebt mich, wie ich bin, weil er der Vater ist, nicht weil ich so ein fleißiges oder faules Eichhörnchen bin.
Gott hängt nicht ab von meinem Sammeltrieb.
Es ist völlig wurscht, ob ich tausend oder keine Nüsse im Garten vergraben hab.
Er liebt mich wie ich bin und mit allem, was ich hab, mit all den Chancen und Abgründen, die in mir schlummern.
Er ist es, der mir das Leben gab und der mir eine Zukunft gibt. Er macht das, nicht ich.
Eine Seligkeit aufgrund von meinen Nuß-Vorräten gibt es nicht.
Gott gibt, nicht ich.
Ohne ihn gäbe es keine einzige Nuß, die ich sammeln und keine Aktie, die ich kaufen könnte.
Das zu verstehen, darauf arbeitet die gesamte Bergpredigt hin.
Ich bin nicht allein. Nicht ich muß die Erde drehen, Gott dreht sie für mich. Ich kann mich nur in die richtige Richtung drehen.
Der Theologe Voigt sagt: „Wir empfangen nicht nur Kalorien, wir empfangen Liebe.“
Das gilt es nicht nur zu bemerken, sondern zu begreifen.
Er ist die Quelle, nicht ich. Er ist der Ursprung, aus dem alles fließt, nicht ich.
Das ist die entscheidende Entdeckung, daß ich es nicht alleine machen muß.
Nicht er oder ich, sondern er und ich heißt die Devise.
Habenwollen ganz allein muß keine Sünde sein, Habenwollen ganz allein ohne Gott ist aber schon eine.
All unser Habenwollen soll ein Teil des Gesprächs mit Gott sein.
Es ist keine Sünde, etwas haben zu wollen. Wer nichts mehr haben will, ist entweder tot oder scheinheilig.
Es geht um unser Habenwollen in Christus. Mehr Geld, mehr Anerkennung, mehr Zuwendung, mehr Aufmerksamkeit – all das darf man haben, sofern es eingebunden ist ins Gespräch mit Christus.
Er, nicht ich macht
3. Richtig reich
Wir sind, weil Gott uns will.
Weil er uns will, wohnt schon in jedem von uns Reichtum.
Reichtum an Gaben
Reichtum an Gedanken
Reichtum an Worten
Reichtum an Taten, die wir tun oder lassen können.
Gerade eine reiche Ernte macht reichlich Arbeit, wenn man sie einbringen will.
Der Reichtum in Christus öffnet uns für die Welt. Jeder andere, falsche Reichtum verschließt uns.
Der reiche Kornbauer ist nicht nur dicht für Gott, er ist auch dicht für die Welt, in der er lebt.
Jede Ideologie, die uns abdichtet, kann nicht göttlich sein, selbst dann nicht, wenn sie von spiritueller Erhabenheit strotzt.
Reichtum in Gott öffnet meine Hände, auch zum Verzicht.
Hingabe kann nur ohne Angst gelebt werden.
Es kommt also darauf an, den Reichtum zu entdekken, den jeder in sich trägt.
Was genau das ist, eröffnet sich im Gespräch mit Gott. Da kann auch der Bruder und die Schwester Hilfe sein, diesen Reichtum sehen zu lernen.
Nur wer seinen Reichtum sieht, kann ihn auch leben. Gott steuert nicht in die Verarmung der Welt.
Es ist von einem „reichen Kornbauern“ die Rede – weil Gott in Fülle geschaffen hat.
Gott bereichert die Welt durch einen so verrückten Typen wie mich.
Er will, daß ihr und ich, daß wir einander bereichern, nicht, daß jeder sich selbst, sondern daß wir einander bereichern mit dem, was wir haben und sind.
Das macht den Unterschied.
Richtig reich werde ich dann, wenn ich meine Hände öffnen kann.
Richtig reich bin ich erst dann, wenn ich meine Nüsse nicht mehr vergraben muß, sondern sehen kann, daß für mich gesorgt ist.
Es geht um meine Dankbarkeit, die mir nicht befohlen wird, sondern die ganz organisch entsteht, wo ich es sehen kann, wie viel für mich eingezahlt ist.
Wenn es einen Schatz im Himmel gibt, liegt großes Kapital schon lange an in dem, was Christus gibt. Das ist mehr, wesentlich mehr, als ich je sammeln kann.
In Dankbarkeit gilt es, diesen Reichtum zu wagen.
In diesem Reichtum kann ich es wagen, „Danke“ nicht nur zu sagen, sondern zu leben. In Dankbarkeit allein kann ich richtig sicher sein. Amen.