Sonntag, den 04.02.2024
Amos 5, 21-24
Der Herr sagt: „Ich hasse eure Feiern, geradezu widerwärtig sind sie mir, eure Opferfeste verabscheue ich. Eure Brand- und Speiseopfer nehme ich nicht an, und wenn ihr Tiere mästet, um sie mir darzubringen, ist mir das völlig gleichgültig. . Eure lauten Lieder kann ich nicht mehr hören, verschont mich mit eurem Harfengeklimper. Setzt euch lieber für die Gerechtigkeit ein! Das Recht soll das Land durchströmen wie ein nie versiegender Fluß.
Gott im Klartext
Ganz ehrlich: Wir mögen es nicht, wenn man so mit uns spricht. Kleine, süße Lügen hören sich doch viel schöner an. Wenn schon Kritik, dann voll warmer Worte und bitte mit sanfter Stimme. Es sollte maximal höflich sein, sollte es doch einer wagen, am Lack meiner Person zu kratzen.
Wer genießt es denn schon, kritisiert zu werden? Ich kenne keinen, der es so richtig mag. Gerade wenn es Gott selbst ist, paßt es so gar nicht in das Bild hinein, unser Bild vom „lieben Gott“ – Gott, der Klartext spricht, also nicht mit sanfter Stimme und warmen Worten das Leben versüßt.
Gott, der Tacheles redet durch seinen Prophet in den Irrtum der Zeit hinein, kritisiert
1.Gottesdienst, der ohne Gott ist
2.Was für Gott recht und billig ist
3.Wie ein nie versiegender Fluß
1. Gottesdienst, der ohne Gott ist
Ich hasse Eure Feiern
Eure Opferfeste verabscheue ich
Eure lauten Lieder kann ich nicht mehr hören
Verschont mich mit eurem Harfengeklimper
– trifft einen als Gitarristen ja besonders hart.
„Eure Feier – eure Feste – eure Lieder“ es heißt nicht: „Ich hasse Feste, Feiern und Lieder“.
Gott wird peinlich direkt: „eure“
Es ist keine Breitseite, die Gott abfeuert auf alle, die singen oder klimpern, sondern gezielt, zur Zeit des Amos auf sein Volk Israel, weil echter Gottesdienst mehr ist.
Ein Gottesdienst, der ohne Gott ist, ist einer, der sich um die eigene Achse dreht, und das ist nicht nur im alten Israel passiert.
Es geht um den entscheidenden Unterschied zwischen religiösem Event und Gottesdienst.
Ins Kino gehen wir, um Spaß zu haben oder mal was gruseliges zu sehen, zum Fußball, um ein bißchen Adrenalin, ins Konzert, um zu träumen. Wir sind dabei wichtig – man gönnt sich ja sonst nichts – um unseretwillen – wir sind das Publikum.
Gottes Anspruch ist höher. Er sucht nicht das Publikum, sondern die Gemeinde, uns, die anderen. Das gibt dem Gottesdienst einen ganz anderen Veranstaltungscharakter. Gott will nicht die Frommen bespaßen. Gott will echte Gemeinschaft leben. Das ist weit mehr. Wir sind wichtig. Gott ist wichtig, eins nicht ohne das andere. Es braucht dafür den Mut zur Klarheit.
Gott sucht die Gemeinschaft mit denen, die Gerechtigkeit suchen. Die, die Hunger und Durst haben nach der Gerechtigkeit Gottes, die sucht Gott. Gerechtigkeit ist das Bindeglied, buchstabiert wie „Rechtschaffenheit“.
Nicht die stolzen, selbstverliebten, auf den eigenen Vorteil fixierten Siegertypen – der Gemeinschaftsgedanke Gottes ist viel größer.
Gottesdienst, wie er ihm gefällt, reicht weit in den Alltag hinein, beinhaltet unser gesamtes Dasein.
2. Was für Gott recht und billig ist
„Setzt euch lieber für die Gerechtigkeit ein.“
Gemeint ist da nicht der Paragraph 175a Ziffer 2/b der gesamtdeutschen Landesmoralverordnung: „Sei hübsch ordentlich und fromm bis nach Haus ich wiederkomm.“
Gottes Gerechtigkeitsdenken ist mehr, als sich in Paragraphen fassen läßt.
Gottes Gerechtigkeit ist vor allem eins: Frei von Selbstbetrug.
Richtiger Gottesdienst kann also nur gefeiert werden, wo ich befreit bin, befreit vom falschen Bild über mich selbst. Genau da fängt ein bißchen an etwas zu wachsen von dem, was für Gott recht und billig ist. Es geht in der Tiefe darum, die kritische Stimme Gottes an meiner Seite und tief in mir zuzulassen.
Natürlich ist das Leben viel einfacher, wenn ich mich selbst zum Maß aller Dinge mache. Aber genau das wäre eben Selbstbetrug. Daraus entstünde verlogener Gottesdienst.
Es ist nur ganz normal, daß jeder von sich selbst glaubt, alles richtig zu machen. Schließlich will jeder immer das Beste.
Kein Mensch macht aber alles richtig oder alles falsch. Was hilfreich ist, ist die zweite Meinung, die Meinung Gottes über mich, die mich befreit vom Selbstbetrug und von der Verzweiflung über mich.
Was recht und billig ist, sieht der, der meine Absicht sieht, aus der heraus ich alles so falsch oder scheinbar falsch gemacht habe. Wer mit den Augen Gottes sieht, kann erkennen, daß es doch nicht falsch gewesen ist, was so verunglückt scheint oder umgedreht.
Frei von mir selber bin ich dann, wenn ich es zugeben kann, daß ich allein die richtige Richtung nicht finden kann. Das hat nichts mit Kleinmacherei zu tun, sondern mit vernünftigem Denken.
Was für Gott recht und billig ist, bestimmt dann meinen Lebensplan. Es befreit mich von meinem eigenen, selbergebastelten Wunschdenken. Es macht frei, frei für die Gerechtigkeit Gottes, die
3. Wie ein nie versiegender Fluß
ist.
„Das Recht soll das Land durchströmen wie ein nie versiegender Fluß.“
Dieser Satz hat große visionäre Kraft.
Ich denke an den letzten Sommer, die Bilder von Flüssen, die vertrocknet waren. So eben nicht.
Es geht um Gerechtigkeit, die nie versiegt.
Gerechtigkeit, die das schafft, was wir nicht schaffen.
Gerechtigkeit, die uns stark macht, erstarkt zur Einheit von Wort und Tat.
Gerechtigkeit, die uns gerecht spricht, wo wir das akzeptieren.
Gerechtigkeit, die überfließt kann ganz allein Gerechtigkeit in Christus sein. Sie fließt immer und überall und über dürres Land.
Gerechtigkeit in Christus kann allein die Grundlage für den wahren, unverlogenen Gottesdienst sein – einen Gottesdienst, wie Gott ihn liebt.
Wo Christus strömt, ist immer Grund zum Feiern, selbst wenn es einem gar nicht nach Feiern zumute ist.
Wo Christus strömt, ist fruchtbares Land.
Es lädt zum Feiern ein, weil es einen Grund zum Feiern gibt. Gott ist ein festlicher Typ. Fete ist sein Lebensprogramm.
Jeder Sonnenauf- und Sonnenuntergang ist total feierlich.
Gott feiert von Anfang an.
Er feiert Tag und Nacht – aus der Dunkelheit heraus und weit in sie hinein, total würdevoll und zu 100 % feierlich.
Er will keinesfalls die Spaßbremse sein.
Er nimmt uns mit hinein in seine Gerechtigkeit, die unverzichtbar ist, weil es die einzige Gerechtigkeit ist, die ewig ist. Deshalb schon allein lohnt es sich, zuzuhören, wenn Gott Klartext spricht.
Deshalb feiern wir Eucharistie, weil jede Eucharistie ein Schritt in einen nie versiegenden Fluß ist. Amen.