Sonntag, 17. März 2024
1. Mose 22, 1-13
„Da stellte Gott Abraham auf die Probe. «Abraham!» rief er. «Ja, Herr?» «Geh mit deinem einzigen Sohn Isaak, den du liebst, in das Land Morija. Dort zeige ich dir einen Berg. Auf ihm sollst du deinen Sohn Isaak töten und als Opfer für mich verbrennen!»
Am nächsten Morgen stand Abraham früh auf und spaltete Holz für das Opferfeuer. Dann belud er seinen Esel und nahm seinen Sohn Isaak und zwei seiner Knechte mit. Gemeinsam zogen sie los zu dem Berg, den Gott Abraham genannt hatte.
Nach drei Tagesreisen war er in der Ferne zu sehen.
«Ihr bleibt hier und passt auf den Esel auf!» sagte Abraham zu den beiden Knechten. «Der Junge und ich gehen auf den Berg, um Gott anzubeten; wir sind bald wieder zurück.»
Abraham legte das Holz auf Isaaks Schultern, er selbst nahm das Messer und eine Schale, in der Holzstücke glühten. Gemeinsam bestiegen sie den Berg.
«Vater?» fragte Isaak. «Ja, mein Sohn.» «Feuer und Holz haben wir – aber wo ist das Lamm für das Opfer?»
«Gott wird schon dafür sorgen, mein Sohn!» – Schweigend gingen sie weiter.
Als sie die Stelle erreichten, die Gott angegeben hatte, errichtete Abraham aus Steinen einen Altar und schichtete das Brandholz auf. Er fesselte Isaak und legte ihn oben auf den Holzstoß.
Dann griff er nach dem Messer, um seinen Sohn zu töten.
«Abraham, Abraham!» rief da der Engel des Herrn vom Himmel. «Ja, Herr?»
«Leg das Messer beiseite, und tu dem Jungen nichts! Jetzt weiß ich, dass du Gott gehorsam bist – du bist sogar bereit, deinen geliebten Sohn für mich zu opfern!»
Plötzlich entdeckte Abraham einen Schafbock, der sich mit den Hörnern im Dickicht verfangen hatte. Er tötete das Tier und opferte es anstelle seines Sohnes auf dem Altar.“
Im Test
Test: „Ein Versuch, mit dem größere Sicherheit gewonnen werden soll, ob bestimmte Eigenschaften vorliegen oder nicht.“ so das Lexikon.
Tests kennen wir alle in den verschiedensten Bereichen: in der Schule zur Überprüfung des Lernfortschritts, in der Psychologie zur Diagnose, in der Industrie der Haltbarkeitstest, in der Medizin der Bluttest oder der Schwangerschaftstest – um nur einige wenige Beispiele zu nennen.
Tests, Proben werden uns öfters in Fernsehshows vorgestellt. Hier müssen die Kandidaten zeigen, was sie können.
Unser Leben ist aber keine Fernsehshow. Trotzdem werden wir in Tests, in Herausforderungen gestellt – oft schwere Entscheidungen, die tiefgreifende Veränderungen mit sich bringen.
Abraham wird in unserem Text aufs Äußerste getestet. Anhand von drei Punkten wollen wir uns den Test ansehen:
1. Testpersonen
a) Gott
Der Schöpfer, der Erhalter der Welt. Der Gott voller Liebe zu den Menschen, der mit ihnen Geschichte machen will. Er will sich verschenken, verschwenden und stellt Menschen in seinen Dienst als Zeugnis für sein Wollen. Damit sind wir bei
b) Abraham
Ein einfacher Viehhirte, ein Heide aus dem Land Kanaan. Dort wurde er berufen und aus seinem Heimatland und seiner Verwandtschaft geführt.
Er erlebt, dass Gott handelt und ihm im hohen Alter, in alle Aussichtslosigkeit, einen Sohn schenkt.
c) Isaak
Isaak, die Verheißung Gottes für ein großes Volk.
„Da stellte Gott Abraham auf die Probe“:
Abraham vertraute bisher blind den Anweisungen seines Gottes. Er erfuhr sein Handeln und Segnen, sein Versorgen.
Und nun der neue Test: „Opfere deinen einzigen Sohn, den du liebst.“
Brutal, unberechenbar, menschlich nicht begreifbar. Gott schenkt erst und dann verlangt er Vernichtung!?
Gott schafft seine Welt wunderbar – „und siehe alles war sehr gut“ und dann ein Erdbeben, ein Tsunami – und ein Landstrich ist verwüstet?
Gott gerecht, voller Liebe?? Fragen über Fragen.
Gott handelt anders, über unseren menschlichen Verstand hinaus. Für uns nicht immer verstehbar, einsehbar, nachvollziehbar. Er ist uns keine Rechenschaft schuldig.
Der souveräne Gott sieht alles von einer anderen Warte, vom Ziel. Es übersteigt unser Wissen und Begreifen.
Und Abraham?
2. Teststrecke
Nichts wird uns berichtet von Abraham, ob er murrte, zweifelte oder gar Gott anklagte. Er richtet alles zur Reise, zum Test.
Abraham spricht mit niemand. Er muss hier alleine durch. Er ist mit Gott allein.
Wie mag es wohl im Innern von Abraham ausgesehen haben:
Gott, du hast mir doch die Verheißung und den Sohn gegeben. Und jetzt soll ich ihn opfern?
Gott, dich habe ich in den Jahren als den Handelnden zur rechten Zeit erfahren, und jetzt willst du diesen Weg und diese Tat von mir?
Gott ich kann dich nicht begreifen, aber ich gehorche dir.
Abraham ohne wenn und aber.
Abraham in Erwartung und im Vertrauen.
Drei Tagesreisen – drei Tage und drei Nächte voller innerer Unruhe und doch voller Gewissheit, sein Gott wird es recht machen.
Voigt: Abraham gehorcht unverzüglich, wortlos. Glaube ist immer Wagnis, ein Gehen ohne irdische Stützen, ein Sich-Verlassen auf die Zusage des unsichtbaren Gottes, ein Hoffen, wo nach menschlicher Einsicht nichts zu hoffen ist. Oft gilt es, gegen Gott an Gott glauben.
Hier sind wir bei uns – mitten im Leben.
Glaube immer ein Wagnis, ein Gehen ohne irdische Stützen – wie gerne gehen wir in den gewohnten Bahnen.
Wenn Gott dann an uns rüttelt, uns Umwege führt, ins Dunkel, in das menschlich nicht Begreifbare, haben wir dann noch die Hoffnung, das Vertrauen zu ihm?
Glauben an Gott gegen Gott oder noch deutlicher gegen sich selbst.
Voigt: „Gott begegnet nicht einem wie dem anderen. Er nimmt jeden von uns besonders. Es mag Stunden geben, in den wir meinen, wir hätten ihn gegen uns. Abraham kann davon erzählen, vielleicht auch mancher von uns.“
Wie viel schmerzvolle Schicksalsschläge: plötzlicher Tod, eine schwere Krankheit, ein Unfall …
Gott stellt auf die Probe, in den Test. Er will den Glauben dadurch stärken, uns an ihn binden.
Die Geschichte nimmt an Dramatik noch zu:
«Vater?» fragte Isaak. «Ja, mein Sohn.» «Feuer und Holz haben wir – aber wo ist das Lamm für das Opfer?»
«Gott wird schon dafür sorgen, mein Sohn!» – Schweigend gingen sie weiter.
Isaak erkennt, dass hier menschlich etwas nicht rund läuft. – Er bringt es auf den Punkt. Abraham hat sicher schon lange mit dieser Frage gerechnet. „Vater, wo ist das Lamm?“
Abraham bezieht sich in seiner Antwort auf den Auftraggeber. Gott wird – und bringt so den Sohn zum Schweigen.
Er stellt alle Bedenken, alles nicht Begreifen Gott anheim. Er stellt ihn über alles, selbst über seine Vaterliebe zu Isaak: Gott wird
Ein Nagen, wenn die Verheißungen nicht eingelöst werden, wenn die Zukunft sich nur Dunkel oder im Chaos abzeichnet, wenn wir menschlich am Ende sind. Gut wenn wir dann noch sagen können: Gott wird.
3. Endstation
Abraham ist zu allem bereit. Er fesselt seinen Sohn und will ihn im Auftrag Gottes töten. Wenn Gott ihm die Verheißung erfüllt, das Heil schenkt, dann kann er es auch wieder zurückverlangen.
Voigt: Wir würden uns um unser Heil bringen, wenn wir unseren Gehorsam eigenwillig begrenzten. Wir haben Gott auch da ernst zu nehmen, wo unser eigenes Herz sich sträubt.
Abraham erfüllt das erste Gebot, er stellt Gott über alle Dinge.
Darin erfährt er Gottes schenkende Liebe. Er empfängt seinen Sohn ein zweites Mal aus Gottes Hand.
Abrahams Glaube wird gestärkt. Alles Selbstverständliche zerbricht.
Es geht und ging allein um Gott. Er will Abraham noch fester an sich binden.
Abraham erfährt in der tiefsten Stunde seiner Anfechtung, seiner Herausforderung, im Test, Gott.
Gott ein Ja geben, an ihm zu bleiben, wenn er uns fordert, muss aber immer erst durchgestanden sein.
Hier hilft nicht: „das wird schon wieder“ oder „Kopf hoch“. Manches mal geht es bis ans Ende unserer Kraft.
Wieviel Menschen sind durch Leid, Nöte, unsagbar schwere Verluste verbittert und innerlich gestrandet.
Andere sind durchgedrungen zu Gott und wurden dadurch Zeichen, Hoffnungsträger. Von manchem wird in der Kirchengeschichte berichtet.
Gott kann mehr. Er wird. Immer ist er da, er lässt uns nie allein.
Gott greift bei Abraham ein. Er erkennt seinen Gehorsam und bietet den Schafbock als Opfer dar. Er wird an Stelle des Sohnes geopfert.
Mit dieser Opferhandlung schlagen wir einen weiten Bogen zu Karfreitag.
Auch hier wird stellvertretend ein Opfer dargebracht. „Was Gott Abraham erlassen hat, hat er sich selbst nicht erlassen, sondern auferlegt und seinen Sohn, Jesus Christus, nicht verschont.“
In Christus wissen wir, dass Gott uns Menschen liebt. Wir leben dadurch im Frieden mit Gott.
Jesus Christus – in tiefster Anfechtung – schuldlos schuldig für uns. Er trägt unser Kreuz (das Holz wie Isaak) zur Opferstätte. Drei Tage und drei Nächte erleidet er den Abstand zu seinem Gott „mein Gott, warum hast du mich verlassen“ und gibt sich willig in seine liebende Hand. „Nicht mein, sondern dein Wille geschehe.“
Christus besteht den Test wie Abraham. Christus schafft mit seinem Tod und seiner Auferstehung Neues.
„So sehr hat Gott die Welt geliebt …“, damit wir leben.
Lassen wir uns anstecken – zum einen von Abraham, der Gott vertraute und damit den Test bestand.
Lassen wir uns aber genauso anstecken von Gottes Liebe, die sich für einen jeden von uns stark gemacht hat und macht. Schenken wir ihm unsere ganze Hingabe:
Gott, da sind wir, wir vertrauen dir, auch wenn wir dich in manchen Situationen nicht begreifen. Du machst es richtig. Lass uns an dir bleiben. AMEN