Wie Du mir, so ich Dir

Predigt vom 23. Juni 2024

1. Samuel 24, 11-19 (Auszüge):

„Dann begann David zu reden: »Vorhin in der Höhle hat der HERR dich mir ausgeliefert. Meine Leute wollten mich dazu verleiten, dich umzubringen. Doch ich habe dich verschont. Ich dachte: ›Niemals kann ich meinem König etwas antun, denn er ist vom HERRN selbst auserwählt worden.‹

Der HERR soll Richter sein und entscheiden, wer von uns beiden im Recht ist. Er soll dich für das Unrecht bestrafen, das du mir antust. Ich aber werde dir kein Haar krümmen.

Wer bin ich schon, König von Israel, dass du mich verfolgst? Warum jagst du mir hinterher? Ich bin doch so unbedeutend wie ein toter Hund, ja, wie ein winziger Floh!«

Da begann Saul laut zu weinen und rief: »Bist du es wirklich, David?

Du bist ein besserer Mensch als ich. Du bist gut zu mir, obwohl ich dich schlecht behandelt habe.

Gerade heute hast du wieder bewiesen, wie großmütig du bist: Obwohl der HERR mich dir ausgeliefert hat, hast du mich nicht umgebracht.“ 

Wie du mir, so ich dir

Gleiches mit Gleichem vergelten – wie sehr neigen wir Menschen dazu. „Dem zahle ich es heim. Das hat er verdient.“

Diese Grundhaltung ist aber nicht christlich und auch nicht biblisch. Jesus bringt es auf den Punkt: „Wenn man dir eine Ohrfeige gibt, dann halte die andere Wange auch noch hin!“

Unser Text berichtet von solch einer Haltung.

Drei Punkte:

  1. Verfolgt
  2. Ausgeliefert
  3. Versöhnt

1. Verfolgt

Wer bin ich schon, König von Israel, dass du mich verfolgst? Warum jagst du mir hinterher? Ich bin doch so unbedeutend wie ein toter Hund, ja, wie ein winziger Floh!

Saul, der König von Israel, verfolgt David. Er ist von Eifersucht geplagt, weil David beim Volk besser angesehen ist und er den Riesen Goliath besiegt hat. Saul ist Gott immer wieder ungehorsam. Samuel, der Prophet, verkündigt ihm deshalb das Strafgericht und die Verwerfung von Gott. Seine Söhne sollten nicht Königsnachfolger werden.

David, ein einfacher Hirtenjunge, im Dienste des Königs Saul:  Mehr als einmal hatte dieser versucht, ihm nach dem Leben zu trachten. Deshalb flieht David. Heimlich wird er von Samuel zum neuen König gesalbt.

Saul verfolgt ihn mit 3.000 Männern. Bei seiner Suche nach einem Ort, wo der Kaiser zu Fuß hingeht, kommt er in die Höhle, in der sich David mit seinen Männern versteckt – für David die Chance, seinen Gegner umzubringen. Saul ist allein und in einer hilflosen Situation.

Davids Freunde ermutigen ihn, Saul jetzt zu töten. Doch David weiß sich von Gott geführt und schneidet nur einen Zipfel vom Königsmantel ab.

Viel naheliegender wäre es gewesen, Böses mit Bösem zu vergelten und Saul umzubringen.

Wie oft geschah und geschieht dies – im Großen, in den Kriegen –  wie im Kleinen, vom Eingeschnappt-Sein bis hin zu Missverständnissen, die Reaktionen hervorrufen.

Voigt: „Böses mit Bösem vergelten: Das ist ein Handeln in Unfreiheit. Wir lassen uns das Gesetz des Handelns von der anderen Seite aufzwingen. Wir haben die Initiative aus der Hand gegeben.

Wer meint, Böses mit Bösem vergelten zu sollen, übersieht, dass niemals auszumachen ist, wo die Initialzündung des Bösen geschah. Was ist Ursache, was Wirkung?

David steigt aus der Spirale „Wie du mir, so ich dir“ aus und versucht, Abgründe zu überwinden, indem er Saul zur Rede stellt.

2. Ausgeliefert

Vorhin in der Höhle hat der HERR dich mir ausgeliefert. Meine Leute wollten mich dazu verleiten, dich umzubringen. Doch ich habe dich verschont. Ich dachte: ›Niemals kann ich meinem König etwas antun, denn er ist vom HERRN selbst auserwählt worden.‹

Der HERR soll Richter sein und entscheiden, wer von uns beiden im Recht ist. Er soll dich für das Unrecht bestrafen, das du mir antust. Ich aber werde dir kein Haar krümmen.

Für David steht Gott an erster Stelle. Einen Gesalbten, einen von Gott Auserwählten, wird er nicht anrühren.

Er gibt Saul in Gottes Hand und versucht, das Böse mit Gutem zu überwinden. In dieser Grundhaltung tritt er vor Saul.

David ist sich bewusst, dass Friede nur für ihn und mit Saul auf der Basis des Vergebens möglich ist.

Voigt: „Unter welchen Vorzeichen meine nächste Begegnung mit dem (vielleicht schwierigen) Nächsten bestehen soll, bestimme ich selbst. Die Liebe ist schöpferisch. Sie lässt dort etwas entstehen, wo nichts ist oder gar Zerstörung. Sie setzt neue Anfänge.

Manchmal ist es aber trotz unserer Bemühungen so, dass es nicht zum Ziel führt. Der andere will einfach nicht.

So können wir die trennenden Dinge nur Gott anbefehlen, so wie es David tat.

Voigt: „Gott ist es, der dem Unrecht nicht den Lauf lässt, sondern Widerstand leistet. … Wer richtet und sich rächt, greift in die Zuständigkeit Gottes ein. … Die Liebe überlässt Gott das Ende.“

3. Versöhnt

Da begann Saul laut zu weinen und rief: David, du bist ein besserer Mensch als ich. Du bist gut zu mir, obwohl ich dich schlecht behandelt habe. Gerade heute hast du wieder bewiesen, wie großmütig du bist: Obwohl der HERR mich dir ausgeliefert hat, hast du mich nicht umgebracht.

Eine Wende tritt ins Saul Gesinnung ein, auch wenn sie nicht anhielt. Er erkennt sich in seinem abgrundtiefen Hass und in seiner Eifersucht. Er zeigt Reue.

Schön ist es, wenn Auseinandersetzungen in solch einer Weise beendet werden können.

Aber leider zeigt die Geschichte bis in unsere heutigen Tage, dass es nicht immer so ist. Wir denken nur an die Ukraine, an den Nahen Osten, an alle Kriegs- und Krisengebiete.

Genauso im Kleinen: „Verzeihen kann ich dir, aber vergessen nicht“ – wie oft treffen wir auf diese Haltung. Man kann das Alte, Geschehene nicht weglegen. Bei jeder Kleinigkeit, die schief geht, wird es wieder herausgekramt.

Vorwürfe, Unterstellungen, Beschuldigungen helfen nicht weiter, sondern bauen nur das Feindbild auf.

Es gibt Feinde; die Bibel stellt dies nüchtern fest, ob nun vergleichsweise in relativ harmloser Art im Alltag oder in beunruhigender in der großen weltweiten Szene.

Wichtig, dass diese Feinde uns nicht bestimmen, sondern die Feindesliebe.

Feindesliebe, Versöhnung hat bei Gott angefangen und wird vollendet in Jesus Christus.

Voigt:  Gott hat in seiner Liebe den neuen Anfang gesetzt, frei, schöpferisch, mein Böses mit seinem Guten überwindend. … Die Vorgabe seiner Liebe hat aus mir etwas gemacht. Er nimmt mich an, unverdient und gibt mir meinen neuen Wert: der Sünder wurde wunderbarerweise zum Gerechten.

Lassen wir uns mitnehmen von David in seiner Gesinnung. Nicht das Motto „Wie du mir, so ich dir“ sondern „Der Herr soll Richter sein und entscheiden“ – im Erkennen, dass der andere, mit dem man sich vertragen und zum Frieden kommen soll, ein Sünder ist, und man selbst auch.

Voigt:  Friede unter Sündern  – das ist das Problem, aber eben auch: die Aufgabe. … Friede beruht auf der Einsicht, dass Sünde von vornherein einzukalkulieren ist, aber eben: vergeben und somit unschädlich gemacht ist.

Wie du mir – so ich dir. Wir alle kennen unsere Grenzen, unsere Fehler, unser Versagen. Wie oft ertappen wir uns, dass wir eigentlich an diesem Punkt hätten Nachsicht üben müssen. Wie leicht lassen wir uns die Unfreiheit zum Handeln aufzwingen.

Gott hat in seiner großen Güte mit der Feindesliebe angefangen und sie in Jesus Christus zur Vollendung gebracht.

Lassen wir uns anstecken, lassen wir uns ermuntern – aufmuntern, es immer wieder neu mit Sündern, auch mit uns zu wagen.

Gott ist mit uns schon einen großen Schritt weiter. Er schenke uns viel Kraft, Mut und laufend die Bereitschaft zum Neuanfang. AMEN

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