Predigt vom 11. August 2024
Galater 2, 16-21 – Auszüge
„Wir wissen, dass wir nicht durch gute Werke, wie das Gesetz sie von uns fordert, vor Gott bestehen können, sondern allein durch den Glauben an Jesus Christus. Denn wie die Heilige Schrift sagt, findet kein Mensch allein durch gute Werke Gottes Anerkennung.
Durch das Gesetz nämlich war ich zum Tode verurteilt, und dieses Urteil ist tatsächlich an mir vollstreckt worden; das heißt, dass mein altes Leben mit Christus am Kreuz gestorben ist. Jetzt habe ich ein neues Leben! Es wird nicht mehr von meinem alten Ich bestimmt, sondern von dem auferstandenen Christus, der in mir lebt. Mein Leben auf dieser Erde erhält seinen Sinn durch den Glauben an Jesus Christus, den Sohn Gottes, der mich geliebt und sich in seiner Liebe für mich geopfert hat.
Niemals werde ich Gottes unverdientes Geschenk ablehnen. Könnte ich nämlich durch das Befolgen des Gesetzes erreichen, von Gott angenommen zu werden, dann hätte Christus nicht zu sterben brauchen.“
Der Norm entsprechend
Normen im Bereich der Kleidung: Das ist hipp, das ist in.
Normen selbstverständlich für alle Bereiche, für die Industrie, das Handwerk. Kein Brot, kein Ei, keine Tomate, die nicht einer Norm entsprechen.
Normen im Blick auf das Zusammenleben? Normen im Blick auf Gott?
Unser Text beschäftigt sich ebenfalls mit einer Norm. Die Norm, die vor Gott gilt.
1. Nicht durch
Fragen wir zuerst: Was ist die Norm?
Gott ist die Norm, er setzt die Norm- er, Gott, der Schöpfer und Erhalter der Erde, der Liebhaber des Lebens.
Gott, der von Anfang an war und immer sein wird, der zeitlose, grenzenlose, der universale Gott – Gott, dem alles untergeordnet ist, dem nichts zu groß und nichts zu klein ist.
Gott ist als einziger Gott, weil er sich so verhält, wie es seinem Wesen entspricht. Kein Böses ist an ihm. Er lässt jedem Recht widerfahren. Er schenkt seine Gerechtigkeit den Menschen. Er ist in allem erfahrbar.
Gott schuf den Menschen als Gegenüber und hat ihn als seinen Sachwalter eingesetzt. Darin liegt die Würde des Menschen und sein Wert.
Diese göttliche Bestimmung hat der Mensch aber schon früh verlassen: „Sollte Gott gesagt haben?“ Er will selber bestimmen, was gut und böse ist, genauso was der Norm entspricht und somit dem Leben Sinn und Wert gibt.
Der Norm entsprechend – der Mensch zappelt sich ab, legt sich Lasten auf. Er will sich qualifizieren.
Paulus betont: Nicht durch! Nicht durch gute Werke, nicht durch den krampfhaften Versuch, die Gesetze, die Norm, einzuhalten, schaffen wir es. Nicht durch die tägliche Stille Zeit am Morgen, nicht durch den Gottesdienstbesuch jeden Sonntag, nicht durch große Opfer, die wir geben, nicht durch Mission, nicht durch Fasten gelingt uns letztendlich, dass wir der Norm entsprechen, dass wir recht sind. All dies sind Dinge, die zum Glauben dazugehören, die ihn aber nicht ausmachen.
Was ist bei manchen die Norm? Wenn sie nicht mit dem Gesetz in Konflikt kommen, nicht stehlen, lügen, nicht gewalttätig sind.
Andere setzen ihren Maßstab darin, dass man sich auf sie verlassen kann, wenn sie helfen sollen, wenn sie gebraucht werden.
Der Norm entsprechend – am wenigsten sind es die, die bei allen lieb Kind sind.
Der Norm entsprechend kann ein Mensch nur sein, wenn er zu Gott im rechten Verhältnis steht.
Wo entsprechen wir der Norm? Nicht indem wir es durch unsere eigenen Anstrengungen versuchen. „Nicht durch gute Werke wie sie das Gesetz fordert, können wir vor Gott bestehen.“
Sondern:
2. Allein durch
sondern allein durch Gottes unverdientes Geschenk, durch Jesus Christus, den Sohn Gottes, der mich geliebt und sich in seiner Liebe für mich geopfert hat
Jesus Christus, Mensch geworden, das nie entstellte Ebenbild Gottes. Er ist nie aus dem rechten Verhältnis zu Gott gefallen. Er hat immer der Norm entsprochen, selbst als er in Versuchung stand.
Er war für die anderen da. Er hat die Menschen Gottes Liebe spüren lassen.
Ja, er hat sich in seiner Liebe dahingegeben, unsere Schuld auf sich genommen, am Kreuz unsere Gottesferne erlitten und durch seine Auferstehung alles überwunden.
Er hat den Abgrund, der wir selbst sind, überbrückt, eine Brücke zum Vater geschlagen.
Das Stärkste dabei ist, er räumt all die Hindernisse, die Brocken, die zwischen dem Vater und uns sind, stellvertretend für uns weg.
Alles liegt auf ihm. Dort wo wir eigentlich keinen Durchgang bekommen würden, da hat er ihn für uns frei gemacht. Das nicht aus unserem Verdienst heraus, sondern – allein durch – Gottes unverdientes Geschenk. Der Höchste – die Norm, neigt sich herab zu mir Geringem, der ich nie die Norm erfüllen kann.
Er macht mit mir bankrottem Menschen Geschichte, wo ich mich von ihm mit hineinnehmen lasse.
Nicht nach der Melodie: Ich verhalte mich richtig, ich versuche mein Möglichstes, den Rest wird Jesus schon richten. Dort wo wir uns auf uns noch etwas einbilden, da greift die Gnade, sein unverdientes Geschenk, nicht.
Allein durch – ganz gratis, in dankbarem Erkennen: Er wagt es immer wieder neu mit mir.
Dabei ist stets meine Haltung gefragt. Nur mit Menschen, die erkennen, die offen sind, die bereit sind, die sich in Beschlag nehmen lassen, kann Gott klarkommen.
Menschen, die alles können, die nie einen Fehler machen, die perfekt sind, brauchen die stellvertretende Vergebung, die Gnade nicht.
Gott streckt uns seine Hand entgegen. Er meint, er will, er liebt uns.
3. Durch mit
Jetzt habe ich ein neues Leben! Es wird nicht mehr von meinem alten Ich bestimmt, sondern von dem auferstandenen Christus, der in mir lebt. Mein Leben auf dieser Erde erhält seinen Sinn durch den Glauben an Jesus Christus, den Sohn Gottes, der mich geliebt und sich in seiner Liebe für mich geopfert hat.
Paulus erkennt: Durch die Rechtfertigung durch Christus ist er wieder als Ebenbild Gottes eingesetzt, er lebt.
Noch mehr: Ich habe ein neues Leben, das von Christus bestimmt wird, der in mir lebt. Durch den Glauben, durch die absolute Einwilligung, bin ich mit ihm verbunden, bin ich mit ihm eins.
Zusammengefügt mit Christus bedeutet neue Freiheit. Ich muss nicht mehr bestimmten Ansprüchen genügen, die mir andere oder ich mehr selbst auferlegt habe, sondern ich bin frei.
Durch mit – mit und durch Christus hat mein Leben einen Sinn, einen Wert bekommen. Ich bleibe zwar jetzt noch der angefochtene Mensch, oft der Versager, ständig der, der nicht 100 % der Norm entspricht. Nur durch das gütige Ja, nur mit dem Akt am Kreuz ist mir meine Chance gegeben, wird sie mir täglich neu gegeben.
Durch mit – das Leben hat in Christus und durch ihn in Gott seine neue Mitte, seine eigentliche Mitte gewonnen.
Unser irdisches Leben, in dem wir stehen, ist zwar erst künftig das Endgültige und Vollkommene, aber eben jetzt schon der Ort, an dem die in Christus erschienene Liebe Gottes zur Herrschaft gekommen ist.
Schlatter: „Glaube ist noch kein Besitz, Sehen und Genießen, sondern ein Begehren und Erwarten, das aber auf gewissem Grunde steht und weiß, was es empfangen wird.“
Wir erfahren anfangsweise, häufig verborgen, sein liebevolles Schenken, sein Ja, das er zu uns spricht – meistens in den Situationen, wo wir ganz unten sind, wo uns das Wasser bis zum Hals steht, wo er unser leiser Zweiter ist, wo er uns in der Mitte der Nacht sein helles Licht scheinen lässt. Da kommt er mit seinem Mut machenden „ich will“ und „verzage nicht“. Da tritt er an unsere Seite und tut uns neue Horizonte auf.
Aber genauso kann er auch lange, lange schweigen, uns im Ungewissen lassen, warten, ob wir ihm vertrauen, uns auf ihn einlassen.
Eins ist gewiss: Er lässt uns nie allein, selbst in den Momenten, wo wir ihn nicht spüren und gewahren. Unser Gott sorgt sich immer um uns.
Durch mit – In Christus, in seinem Sohn, wird uns das ganze Heil zuteil. Wir sind die Angenommenen, die Befreiten.
So möge Gott uns immer die Bereitschaft und die Offenheit für sein liebevolles Ja schenken, aber auch die heilige Konsequenz ihm gegenüber. AMEN