Er kommt

Predigt vom  1. Dezember 2024 – 1. Advent

Matthäus 21, 1-9

Als sie nun in die Nähe von Jerusalem kamen, nach Betfage an den Ölberg, sandte Jesus zwei Jünger voraus und sprach zu ihnen: Geht hin in das Dorf, das vor euch liegt. Und sogleich werdet ihr eine Eselin angebunden finden und ein Füllen bei ihr; bindet sie los und führt sie zu mir! Und wenn euch jemand etwas sagen wird, so sprecht: Der Herr bedarf ihrer. Sogleich wird er sie euch überlassen. Das geschah aber, auf dass erfüllt würde, was gesagt ist durch den Propheten, der da spricht (Sacharja 9,9): »Sagt der Tochter Zion: Siehe, dein König kommt zu dir sanftmütig und reitet auf einem Esel und auf einem Füllen, dem Jungen eines Lasttiers.«

Die Jünger gingen hin und taten, wie ihnen Jesus befohlen hatte, und brachten die Eselin und das Füllen und legten ihre Kleider darauf, und er setzte sich darauf.  Aber eine sehr große Menge breitete ihre Kleider auf den Weg; andere hieben Zweige von den Bäumen und streuten sie auf den Weg. Das Volk aber, das ihm voranging und nachfolgte, schrie und sprach: Hosianna dem Sohn Davids! Gelobt sei, der da kommt in dem Namen des Herrn! Hosianna in der Höhe!  

Er kommt

Tausende und abertausende von Menschen – sie ziehen jedes Jahr nach Jerusalem, zur heiligen Stadt, zum großen Fest.

Welch ein Umtrieb, ein Getöse, wildes Gestikulieren, Schreien und Johlen, Radau und Spektakel.

Und plötzlich – ein Raunen geht durch die Menge: „Er kommt. Er kommt auf einem Esel geritten.“

Die Menge wird gleich aktiv. Sie breiten ihre Kleider aus, sie schlagen Zweige von den Bäumen und streuen sie auf den Weg.

„Er kommt. Er kommt.“ Jubel braust auf. Schreie werden laut.

Damit sind wir mitten im Text.

Wer kommt?

Drei Punkte:

  1. Der Erwartete
  2. Der Machtlose
  3. Der Überwinder

1. Der Erwartete

„Sagt der Tochter Zion: Siehe, dein König kommt zu dir «

Er kommt als der Erwartete – die Erfüllung des Alten Testaments, dem Propheten Sacharja. Für viele war es die Sehnsucht, dass der Messias, der vorausgesagte Heilskönig, jetzt in Jerusalem einzieht.

Endlich ein Ende mit Knechtschaft, mit Fremdherrschaft, mit Unterdrückung und Verachtung.

Erwartet als der, der alles ändern wird und soll.

Jesus bereitet diesen Einzug im Detail vor. Er ist geleitet, damit Heilsgeschichte, Vorhersage, erfüllt wird.

Er, der Sohn Gottes, gibt klare Anweisungen und setzt Zeichen. Er zeigt, dass er ganz im Willen seines Vaters handelt.

Jesus schickt seine Jünger mit einem klaren Auftrag weg. Er wird erwartet und bedarf deshalb des Esels.

Alles ereignet sich, wie Jesus es beschreibt. Für viele sicherlich ein Zufall, aber hinter diesen Zufällen steht Gott. 

Er kommt – der Heilskönig Gottes zieht ein. Mit dieser symbolischen Handlung zeigt er auf, in welcher Absicht er kommt.

Nicht der neue Machthaber, der weltliche König und Herrscher zieht ein, sondern der Erwartete, der Rettung, Tröstung und Hilfe bringt.

Nicht die weltliche Macht wird gestürzt, sondern ein neues Reich aufgerichtet. Mitten in allem Chaos, in allem Belastenden und Niederdrückenden baut er seine Herrschaft auf – Herrschaft über sein Volk damals genauso über uns heute.

Er kommt!

Voigt: „Er kommt sogar zu solchen, die ihn nicht erwarten. Advent will sagen: Er ist unterwegs zu uns. Er hat sich aufgemacht. Er will einziehen. Er will als der er ist, erkannt werden.“

Jesus, der König, der Erwartete, will seine Menschen, uns alle, in sein Handeln hineinnehmen.

Gott will seine Königsherrschaft hier auf dieser Welt errichten – zwar alles noch anfangsweise, unvollendet, aber auf die Zukunft und die letzte Herrschaft Gottes ausgerichtet.

Jesus, der Erwartete, kommt. Er will einziehen – bei seinem Volk damals, bei uns heute.

Sind wir bereit, erwarten wir ihn überhaupt? Oder sind es die Vorbereitungen für Weihnachten, die Geschäftigkeit, die ganzen Umtriebe die uns in Beschlag nehmen? Sind wir belegt mit all unseren Planungen, mit den ungelösten Dingen?

Jesus, der Erwartete kommt. Er kommt als

2. Der Machtlose

»Sagt der Tochter Zion: Siehe, dein König kommt zu dir sanftmütig und reitet auf einem Esel“

Jesus gibt sich bewusst in die Niedrigkeit dieser Erde und erfüllt damit den Willen seines Vaters.

Er kommt als der Machtlose, als der, der auf Gewalt verzichtet.

Er kommt sanftmütig – er gibt sich ganz in die Macht seiner Peiniger, seiner Gegner und leistet ihnen keinen Widerstand.

Sanftmütig – ausgedrückt mit dem Esel. Nicht auf hohem Ross, als Zeichen von Stärke, sondern im Gehorsam, in Niedrigkeit, als Friedensstifter.

Voigt        So kommt Jesus „sanftmütig“. Jeder kann ihn abweisen. Keinem drängt er sich auf.

Jesus verzichtet ganz auf die Macht. Oder anders: er verkleidet seine göttliche Allmacht in Menschlichkeit, Demut, Güte, Anspruchslosigkeit, Opfer.

Jesus macht sich klein, gering, hilflos – wir denken an Weihnachten, an das Kind in der Krippe, auf das wir zugehen.

Dort haben und bekommen wir einen Gott zum Anfassen. Ganz Mensch.

Gott, der Allgewaltige, der Heilige und Souveräne kommt auf uns zu – scheinbar machtlos.

Jesus kommt zu uns Sündern, zu Menschen, die es nicht wert sind, dass er in ihr Haus einzieht.

Er kommt an diesem ersten Advent zu uns, um uns zu gewinnen.

Keinem drängt er sich auf, obwohl er göttliche Allmacht hat. Er opfert sich, sanftmütig, ohne Widerstand, und schafft uns damit den Zugang zum Vater. 

In ganzer Ohnmacht beweist er seine Fülle. ER will sich uns verschenken. Der Machtlose will uns überwinden. Öffnen wir ihm unser Herz.

Wo dies geschieht kann er kommen als 

3. Der Überwinder

Siehe dein König kommt zu dir. … Das Volk aber, das ihm voranging und nachfolgte, schrie und sprach: Hosianna dem Sohn Davids! Gelobt sei, der da kommt in dem Namen des Herrn! Hosianna in der Höhe!

Jesus der König kommt zu uns.

Voigt:  „Dein König“ nicht einer, der es gern sein möchte, sondern der, der es legitimer weise ist.

Er bittet nicht, wir möchten ihn als König anerkennen, damit er es werde, sondern weil er es ist!

Er erwartet, dass wir uns ihm anvertrauen, uns unter sein Regiment stellen. Er bestimmt unser Tun und Trachten. Wir gehören ihm.

Jesus der Überwinder kommt auf uns zu. Ein König wirbt um uns, bietet uns seine Macht und Stärke an. Er erwartet unser Vertrauen.

Wo wir offen sind für sein Reden, sein Handeln, dort kann er mit uns Geschichte machen.

Er kommt. Der Überwinder bietet uns aber noch weit mehr. Er will nicht nur uns überwinden, sondern er hat alle Tiefen und alle Finsternis überwunden. Er ist der Sieger, der Retter und Helfer.

Indem er sich klein und gering machte, den Willen des Vaters erfüllte, ihm sein williges Ja gab und für uns starb, hat er die Überwindung des Abgrundes erreicht- des Abgrundes zwischen dem Vater und uns.

Er kommt als der Überwinder – er sieht alles vom Ziel her, er weiß was wir bedürfen, was uns nützt und hilft.

Jesus der Trostspender, das helle Licht in unserer Traurigkeit, der Helfende in unserer Not.

Jesus kann und tut dies sicher auch in dieser Art. Aber er führt uns immer wieder Wege, die wir nicht begreifen oder verstehen können.

Oft lässt er uns Abgründe schauen, dass wir bis in die Tiefe erschüttert sind.

Manchmal erwarten wir sein starkes Handeln und wir bekommen stattdessen die Kraft zum Drunterbleiben, zum Ertragen.

Jesus kommt und zieht in Jerusalem ein und das Volk ruft ihm zu: Hosianna.

Voigt: Dieser Ruf bedeutet: „Hilf uns doch“ oder „Rette uns doch“ oder noch anders „Bring uns das Heil.“

Sie erwarten weltliches Heil – Befreiung aus der Knechtschaft. Jesus aber bringt ihnen Heil für ihre Seele. Er der Überwinder will jeden Einzelnen erretten, befreien.

Jesus das Heil – unsere Hoffnung, unser Ausblick und unser Ziel, die Vollendung der angebrochenen Königsherrschaft Gottes. Heil, wo er sein wird alles und in allem.

Wie gut, dass wir jetzt schon an diesem Heil, an seiner Vollendung teilhaben können. Es ragt immer wieder in unsere Unvollkommenheit herein.

Jesus kommt als der heilbringende Überwinder. Geben wir ihm Raum, geben wir ihm unser „Hosianna“. „Bring uns das Heil“.

Hosianna – bring uns das Heil – wir brauchen ihn in unserer Schwachheit, in unserem Versagen, in unserer Mut- und Kraftlosigkeit.

Hosianna – wir brauchen den Überwinder, wenn wir nicht mehr weiterkommen, wenn wir feststellen, wir schaffen es aus uns heraus nicht.

Hosianna – gut ist, dass wir dabei nicht große Vorleistungen erbringen müssen, dass er uns hilft, dass er als der Überwinder eingreift.

Er kommt in leere, bereite Gefäße zu uns Menschen, die offen sind für sein Reden, sein Führen. Vertrauen wir ihm.

Er kommt als der Erwartete, der Machtlose und als der Überwinder. Öffnen wir ihm unser Herz, dass er einziehen kann. AMEN.

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