Sonntag, den 03.09.23
-Br. Markus-
1. Joh. 4, 7-12
Meine Freunde! Laßt uns einander lieben, denn die Liebe kommt von Gott. Wer seinen Bruder liebt, beweist damit, daß er ein Kind Gottes ist und Gott wirklich kennt. Wer aber den anderen nicht liebt, der weiß nichts von Gott; denn Gott ist Liebe.
Gottes Liebe zu uns ist für alle sichtbar geworden, als er seinen einzigen Sohn in die Welt sandte, damit wir durch Christus ein neues und ewiges Leben bekommen.
Das Einzigartige an dieser Liebe ist: Nicht wir haben Gott geliebt, sondern er hat uns seine Liebe geschenkt. Er gab uns seinen Sohn, der alle Schuld auf sich nahm, um uns von unserer Schuld freizusprechen.
Meine Freunde, wenn uns Gott so sehr liebt, dann müssen auch wir einander lieben.
Niemand hat Gott jemals gesehen. Doch wenn wir einander lieben, wird sichtbar, daß Gott in uns lebt und wir von seiner Liebe erfüllt sind.
So nah am Feuer
Beinahe hätten wir vergessen, wie das ist: nah, ganz nah an der lebendigen Flamme zu sein. Mikrowelle und Thermoskanne verstellen den Blick auf ein echtes, wirkliches Lagerfeuer. Heiße Rote am Spieß – ganz nah am Feuer ist es heiß, so heiß, daß man`s nicht anfassen kann, es sei0 denn, man verbrennt sich die Finger daran, so heiß, daß man es gar nicht ertragen kann.
Heute morgen geht es darum, wie Gott sichtbar werden will in der Welt, unter uns, sichtbar und spürbar durch Liebe – ganz nah, so nah, daß man sich daran verbrennen kann.
Wir sind
1. Heiß und durchglüht
2. Hell und erleuchtet
3. Lodernd entflammt
1. Heiß und durchglüht
Nicht wir haben Gott geliebt, sondern ER hat uns seine Liebe geschenkt
heißt es im Text.
Nicht wir ihn – er uns.
Nicht wir durchglühen Gott, Gott durchglüht uns – ein kleiner, aber feiner Unterschied – der entscheidende Unterschied, der Unterschied, den es zu beachten gilt, denn was wäre schlimmer, als glühen zu müssen, ohne wirklich brennend zu sein, brennen zu müssen, ohne Treibstoff zu haben, leuchten zu müssen, ohne wirklich hell zu sein.
Es wäre die schlimmste Vergewaltigung, die Gott der Christenheit antun könnte.
Gott schickt uns doch nicht ohne Benzin auf die Straße. Er ist das Feuer, wir nur der Widerschein. Gott duchglüht uns.
Die erste Glaubenserfahrung ist nicht, lieben zu müssen, sondern geliebt zu sein, geliebt und erkannt.
Amore – so heißt jene samt seidig, dunkelrot glänzende Rose, die Gott uns Menschen überreicht, um zu sagen, daß er uns mag.
Da gibt es zuerst nichts zu geben, sondern erst mal zu nehmen, einfach mal Danke sagen für das, was da ist, was da kommt und was da war,
Danke für den außerirdischen Sympathieschub,
Danke für das Lächeln des Giganten
Dankeschön bittesehr
Das hat was!
Wir sind von Gott durchglüht. Gott ist doch kein Schrebergartenfeuer, das stark rauchend vor sich hinqualmt, mit nassem Laub gefüllt.
Gott ist Flamme pur – unvorstellbar heiß.
Gottes Liebe – sie ist da, steht zur Verfügung, brennt von ganz allein.
Sie wärmt mich, ist für mich gemacht, will mich herausholen aus meinem Thermoskannen-Gefrierschrank-Dasein.
Durchglühen muß man sich lassen. Es kann also nur unsere Aufgabe sein, nah genug an`s Feuer heranzutreten, so nah dran zu sein, daß das geschehen kann, was Gottes Absicht ist: lieben, wie Gott liebt.
In ihm ist der Ursprung, kommt direkt auf uns zu und nimmt uns mit zurück zu ihm, in ihn hinein und zu den anderen.
In Gott allein sind wir
2. Hell und erleuchtet
Gottes Liebe zu uns ist für alle sichtbar geworden, als er seinen einzigen Sohn in die Welt sandte, damit wir durch Christus ein neues und ewiges Leben bekommen.
Gott macht sich sichtbar. Der unsichtbare Gott, der unsichtbar bleiben will, will aber schon, daß er wahrnehmbar ist, sichtbar.
Seine Liebe darf und muß geradezu sichtbar und spürbar sein.
Das Feuer, das in Gott brennt, soll ein sichtbares Feuer sein – zu allererst und geradezu dafür bestimmt, unser Markenzeichen zu sein, unser Echtheitszertifikat.
Gott erleuchtet und wärmt uns. Das macht unsere Qualität und unser Selbstverständnis aus.
Es kommt aber nicht aus mir selbst. Ich kann kein Feuer speien, ganz einfach, weil ich nicht als Feuerspeier geboren bin, selbst wenn mir danach zumute wäre, selbst wenn ich mir jede Minute einrede, ein Feuerspeier zu sein und zum Frühstück ein Glas Spiritus trinke, klappt das nicht. Da bin ich bestenfalls Flammenwerfer für einen Augenblick.
Liebe Gottes ist viel mehr. Ich kann sie mir nicht einreden, dafür reicht meine Festplatte nicht und auch nicht der Arbeitsspeicher.
Gott ist die Liebe, nicht ich.
Alle Philosophien, die dieses Prinzip umkehren, führen zum Burnout.
Wenn ich mich zu etwas mache, was ich nicht bin, betrüge ich zu allererst mich selbst.
Diese Spiritualität der fremden Federn muß im Alltag versagen, eben weil sie Selbstbetrug ist.
Das passiert aber nicht nur in der Esotherik, sondern leider auch in christlichen Kreisen.
Gott ist die Liebe – nicht ich.
Die richtige Reihenfolge zu erkennen, ist Erleuchtung, Erleuchtung, die mir geschieht.
Mich umgibt Geborgenheit
trotz vieler unerfüllter Wünsche,
trotz starker starker Schmerzen
trotz ständiger Schwierigkeiten
Zuneigung trägt mich
obwohl mir die Anerkennung fehlt
der Erfolg auf sich warten läßt
Mißverständnisse mich erdrücken
Wenn ich mit allem guten Wollen und Wünschen gescheitert bin, erstaunt mich Gottes Liebe umso mehr, eben, weil sie stärker ist als das, was ich Liebe nenne in mir, die Geborgenheit, die ich geben, den Großmut, den ich spenden kann.
Gottes Liebe befreit aus dem privaten Bannkreis persönlicher Interessen. Er hilft uns zu einem wesentlich größeren Schrittmaß, zu unbegrenzter Denkweise, zur Beschäftigung mit dem Anderen, zu einem samariterlichen Lebensstil, auch wenn man eher nicht samariterlich veranlagt ist.
Ganz klar muß dabei sein, daß es dabei nicht um einen weinerlichen sozialen Pathos geht, erst recht nicht, wenn er zur sozialen Aktion führt.
Gottes Liebe ist so groß, daß sie erstaunt, umso mehr, als sie sich nicht in mitmenschlichen Handlungen erschöpft, sondern aus der Gottesbeziehung heraus zu ihm hin geschieht.
Der wesentliche Unterschied von Humanist und Christ liegt eben darin, daß ich mich als nicht edel, nicht hilfreich und nicht gut erkenne. Eben nicht aus moralischem Zwang, sondern weil ich zu lieben beginne, weil ich Feuer fange, werde ich aktiv. Ich werde eben
3. Lodernd und entflammt
Meine Freunde, laßt uns einander lieben.
Nicht der moralische Zwang, nicht der äußere Druck, ein guter Christ zu sein – allein das Erfaßt- und Entzündetsein in Jesus Christus ist der Ausgangspunkt.
Allein in Jesus Christus gelingt es, die Welt so zu sehen, wie Gott sie sieht. Es geht wirklich nicht um fromme Augenwischerei, aber mit Sicherheit darum, ganz genau hinzusehen, die Frage zu stellen, warum der Kotzbrocken ein Kotzbrocken ist, woher all die Sturheit, Wehleidigkeit, Aggression und Schlamperei und all das kommt, was mir bei dir so auf die Ketten geht.
Es geht nicht darum, schnelle Entschuldigungen zu finden. Mit einer schlechten Kindheit kann sich jeder von uns rühmen. Es geht darum, einfach nachzuschauen, ob ich wirklich so viel schlimmer dran bin als der, der neben mir steht.
Sichtbar werden kann und muß das Feuer, das in Gott brennt. Der Theologe Voigt sagt: „Es geht im Glauben keine Erkenntnis, ohne daß man sich auf die geglaubte Sache einläßt.“
Gottes Sympathie, das Feuer, das in jenem „alten Herrn“ wohnt, kann nicht antrainiert, diktiert oder inszeniert werden. Man kann sich nur darauf einlassen. Wer dabei glaubt, daß das der Beginn des Kuschelchristseins ist, irrt sich gewaltig.
Jesus Christus selbst hat sich gewaltig weh getan, im Einklang zu Gottes Willen Passion zu ertragen.
Ganz nah am Feuer ist es heiß, ganz gewaltig heiß. Da ist wenig Platz für fromme Euphorie, viel mehr Platz für Gemeinsamkeit.
Ganz nah am Feuer ist der Mensch nicht mehr allein. Er beginnt Alleinsein gemeinsam zu ertragen.
Ganz nah am Feuer gibt es keine Zuschauer mehr. Es gibt nur noch Betroffenheit.
In Jesus Christus schmilzt der sichere Abstand zum Feuer. Er zieht uns mit hinein.
Natürlich wäre es schön, wenn uns der liebe Gott je nach dem immer mehrere Möglichkeiten präsentieren würde, aus denen man dann unverbindlich aussuchen, zuhause mal in Ruhe antesten könnte.
Leider nein! So nah am Feuer ist es manchmal viel weniger zwanglos, viel weniger spektakulär, viel weniger angenehm, als man meinen könnte.
Da sind es dann ganz kleine Gesten, in denen sich ausserirdisch viel Sympathie ereignen kann, ganz leise Worte, die doch so schwer zu sprechen sind.
Ganz nah am Feuer wird die Sprache der Liebe gesprochen. Diese Sprache wird überall verstanden – über Völker-, Sprach-, Kultur- und Weltanschauungsgrenzen hinweg.
Diese Sprache hat nichts mit dem zu tun, was man noch sparen könnte und dem, was sein muß.
Diese Sprache ist sichtbarer Hinweis auf den unsichtbaren Gott, an den wir glauben. Er beweist sich durch seine Liebe in uns.
Deshalb nicht nur die Einladung, sondern Aufforderung und Bestärkung des Apostels, ganz nah am Feuer Christ zu sein. Amen.