Spiel mir das Lied vom Leben

Sonntag, den 18.02.24
-Br. Markus-

Matthäus 4, 1-11

Da wurde Jesus vom Geist in die Wüste geführt, damit er von dem Teufel versucht würde.  Und da er vierzig Tage und vierzig Nächte gefastet hatte, hungerte ihn.  Und der Versucher trat herzu und sprach zu ihm: Bist du Gottes Sohn, so sprich, dass diese Steine Brot werden.  Er aber antwortete und sprach: Es steht geschrieben: »Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von einem jeden Wort, das aus dem Mund Gottes geht.«

Da führte ihn der Teufel mit sich in die heilige Stadt und stellte ihn auf die Zinne des Tempels und sprach zu ihm: Bist du Gottes Sohn, so wirf dich hinab; denn es steht geschrieben: »Er wird seinen Engeln für dich Befehl geben; und sie werden dich auf den Händen tragen, damit du deinen Fuß nicht an einen Stein stößt.«  Da sprach Jesus zu ihm: Wiederum steht auch geschrieben: »Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht versuchen.« 

Wiederum führte ihn der Teufel mit sich auf einen sehr hohen Berg und zeigte ihm alle Reiche der Welt und ihre Herrlichkeit  und sprach zu ihm: Das alles will ich dir geben, wenn du niederfällst und mich anbetest.  Da sprach Jesus zu ihm: Weg mit dir, Satan! Denn es steht geschrieben: »Du sollst anbeten den Herrn, deinen Gott, und ihm allein dienen.«

Da verließ ihn der Teufel. Und siehe, da traten Engel herzu und dienten ihm.

Spiel mir das Lied vom Leben

Es fühlt sich wie ein amerikanischer Western an, wenn 12 h mittags die Gerechtigkeit siegt, der böse schwarze Mann vor dem Saloon am Boden liegt und niemand mehr gefährlich werden kann –  hinter dem großen Kaktus links, vor der malerischen Kulisse der Rocky Mountains.

Schön, wenn wenigstens dort die Gerechtigkeit siegt und nicht, wie im richtigen Leben, die Kriminellen triumphieren, je brutaler, umso erfolgreicher und je skrupelloser, umso mächtiger.

Es ist ein Duell: Christus allein gegen die Finsternis – ein Duell, bei dem er aber nicht allein ist, ein Duell, das in uns allen lebt, immer dann, wenn es schwierig wird mit der Frage, was ich tun oder besser lassen soll.

Es ist ein Duell, das entscheidend ist, nicht nur für den Gewinner, für alle, für die Welt, immer und überall.

Es spielt im heißen Sand der Wüste

1. Elektrische Kontemplation

hilft

2. Den schweren, den geraden Weg zu gehen.

1. Elektrische Kontemplation

Da wurde Jesus vom Geist in die Wüste geführt, damit er von dem Teufel versucht würde.

Ich höre in den letzten Jahren sehr viel von spirituellen Entwicklungen, Weitung des Bewußtseins, mystischen Erfahrungen, von Versenkungen in Stille.

Vor uns steht eine Kontemplation der ganz anderen Art – ich will nicht sagen, eine „Wild-West-Kontemplation“ – aber schon in der Art.

Wer sich mit einer Tasse Kaffee in die Kirche setzt, um vom lieben Gott ein bißchen am Bauch gekitzelt zu werden, hat nicht verstanden, was Begegnung mit dem Heiligen Geist ist.

Nicht Christus geht in die Wüste, sondern er wird vom Geist geführt, damit er versucht wird.

Da ist also null Zur-Ruhe-Kommen von Leib, Seele und Geist, null Harmonie, null Einklang mit dem Universum, sondern harte Probe, harte Auseinandersetzung, harter Diskurs, Duell mit der Finsternis

Echte Kontemplation kann nicht im Vornherein festlegen, was zu geschehen hat.

Christliche Kontemplation geht offen in eine Begegnung, von der nie im Vornherein klar ist, was genau sie bringt.

Wenn ich von Vornherein festlege, daß mir die Stille nur Wellness und Harmonie bringt, ist es nichts weiter als ein Psychotrick, mit dem ich mich selbst betrüge und den lieben Gott versuche zu mißbrauchen.

Nicht ich führe den Geist, sondern der Geist führt mich, zumindest dort, wo es echte, glaubwürdige Spiritualität sein soll.

Der Geist Gottes führt Christus in eine harte Bewährungsprobe mit der Finsternis.

40 Tage ohne Essen liegen hinter ihm

40 Tage ohne Bier und Bratwurst

40 Tage knallheiß und nachts eiskalt

Der Teufel, das Böse, die Finsternis greift einen geschwächten Christus an.

Das ist ja nicht der Rübezahl im Faschingskostüm. Es kann

der beste Freund sein

eine total vernünftige Stimme

ein sozialer Gedanke

ein toller Traum

eine einzigartige Gelegenheit

eine biblisch scheinbar gewiesene Sache.

„Versuchung ist ein äußerst verlockender Reiz“ sagt das Lexikon.

Anstiften, überreden, verleiten – „Sollte Gott gesagt haben?“

Das war schon bei Adam und Eva die Kernfrage, die Frage, bei der sie voll ausgerutscht sind, der äußerst verlockende Reiz eines Apfelbaums.

„Du solltest jetzt was essen“ sagt der Schattenmann zu Christus. Das klingt nach 40 Tagen mit ohne gar nicht so dumm. Der völlig berechtigte Wunsch, das eigene Leben zu erhalten, kann zur Sünde werden, wo er herausgelöst wird aus dem Gespräch mit Gott. Sein wie Gott, erkennen was Gut und Böse ist, Apfel essen – einfach nur Mensch sein.

Genauso vernüftig klingt es, und stratetisch richtig klug, eine öffentlichkeitswirksame Maßnahme zur Ehre  Gottes: „Spring von der Tempelmauer.“ Das würde sogar die Bildzeitung drucken: Christus beim Bungee-Springen.

Der härteste Angriff kommt am Schluß: „Knie nieder und bete mich an.“ Das ist die härteste Versuchung, der Christus ausgesetzt ist. Es geht um`s ohne Gott Gott-Sein, mit anderen Worten ums „Selber-Gott-Sein“ – um den narzisstischen Keim, den jeder in sich trägt.

Ein Fernsehsender hat diese Tage eine interessante Reportage über den Massensuizid in Jonestown gesendet, in der am 18. November 1978  ca. neunhundert Menschen ums Leben kamen – verantwortlich dafür der Prediger Jim Jones, der in seinen Predigten vorher eine satanische Botschaft hatte: „Du selber bist Gott – sei dein eigener Gott.“ Voller Ekstase, inmitten einer rasant wachsenden Gemeinde, endete das Ganze tragisch.

Der äußerst verlockende Reiz der Macht läßt Christus nicht einknicken.

Alle Reiche dieser Welt gehören sowieso ihm, wenn auch in einem anderen Sinn. Gott-sein heißt für Christus nicht, aufzutrumpfen und drüberzufliegen, sondern

2.  Den schweren, den geraden Weg zu gehen

Wie- Gott-sein oder Gott- sein ist schon ein Unterschied. Christus ist Gott, Gott in Menschengestalt, Wort vom ewigen Wort. Sein Weg, der Weg des Gehorsams, führt auf Golgatha – zu einem Ort der letzten, völlig fremdbestimmten Hingabe. Der Weg Gottes führt Christus an einen unschönen, unbequemen, dunklen, traurigen Ort, an einen Ort, wo es keine Zukunft zu geben scheint.

Wäre Christus nur Mensch, würde er einen anderen, einen für ihn vorteilhafteren, einen besseren, sonnigeren, billigeren oder schöneren Weg gehen. Weltherrscher zu sein, das hat doch was!

Wäre Christus nur Mensch, würde er spätestens dann aussteigen, wenn`s ernst wird, dann, wenn die Balken des Kreuzes auftauchen auf dem Radar. Spätestens dann würde er aufwachen und sich abseilen und gucken, daß er was besseres findt. Den Tod hat er ja nicht verdient.

Christus mißbraucht Gott nicht. Er bricht nicht aus aus dem Konzept Gottes, das zu seinem persönlichen Nachteil ist. Darin zeigt er sich als wahrer Gott, daß er da Kraft hat, wo anderen die Knie weich werden, wo sie hinter sich gehen.

Der Weg an`s Kreuz ist kein Weg, den ein Mensch gehen könnte, niemand und keiner von uns.

Der Weg an`s Kreuz ist ein Weg, den nur Gott selber gehen kann.

Das muß jedem bewußt sein, der von sich behauptet, selber Gott zu sein.

Aber nicht nur darin zeigt sich der große Unterschied. Christus besiegt das Böse nicht durch einen lauten Knall, so daß es in Fetzen fliegt, auch nicht durch Feuer, das vom Himmel fällt. Seine Geheimwaffe ist leise, höchst schlicht, beinahe naiv, aber hoch wirksam.

Bete allein Gott, deinen Herrn an.“ Es ist das geschriebene Wort, das erste Gebot, das siegt, das höchste Sicherheit bietet, wie eine Ritterburg mit meterdicken Mauern. Der Rückzug an diesen sicheren Ort schafft den Sieg.

Nicht der Blick nach vorn, sondern der Rückzug an einen sicheren Ort – im schlichten Gehorsam gewinnt Christus das Duell in der Wüste.

Im schlichten Gehorsam findet er Kraft, den schweren, den geraden Weg zu gehen, den Weg, der für uns die Zukunft schafft.

Es ist das Lied vom Leben, das auch uns anvertraut ist, auch und gerade dann laut gesungen zu werden, wenn Narren ihre Patente anpreisen. „Ich bin der Herr, dein Gott“ – das ist der Song, der alles außer Gefecht setzt.

Singen wir mit, auch jetzt in der Passionszeit, in der es sicher nicht leicht zu singen ist, nie leicht zu singen sein wird. Es ist das einzige Lied, das Zukunft hat. Es ist das Lied, das Leben schafft. Amen.

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