Die Gaben Gottes erfährt der Mensch in einem Paradoxon.
„Wenn ich schwach bin, so hilft mir der Herr.“
Ps. 116, 6
Von klein auf werden wir trainiert die Stärken auszubauen und die Schwächen zu bekämpfen oder zu entwickeln. Frei nach dem Motto: wer das Leben meistern will, muss stark sein. Schwach sein hat keinen Platz in unserem Leben, damit wird man nicht prahlen. Schwächen werden eher ignoriert und verdrängt. Sie grenzen uns aus und stören das Zusammenleben. Es sind nicht die großen Unterschiede, die eine Beziehung mürbe machen, es sind die kleinen Schwächen. Genau das, was uns gegenseitig am anderen auf den Nerv geht. Schwach sein sind die Grenzen vor Aufgaben und Herausforderungen, denen wir uns nicht gewachsen sehen. Schwachheiten sind auch gesundheitliche Engpässe, die lähmen und uns nicht das tun lassen, was wir sollen. Schwach sein, das was in der Tiefe kein Mensch haben will, darauf hat Gott sein Auge geworfen. Der Mensch an seiner Grenze ist Gottes Anfang. Eigentliche Stärke beginnt bei Gott am Nullpunkt des Menschen. Je weniger der Mensch zu bieten hat, umso mehr kann Gott dazugeben. Das ist das gegenläufige Prinzip des Glaubens, das Paradoxe in der Gotteserfahrung. Nur in der Nacht wirkt das Licht am stärksten. Nur im Chaos und Unfrieden, kann der Friedensstifter seine ganze Macht entfalten. Nur wo der Mensch Gott nichts zu bringen hat, wird ihm Gott alles. Gott freut sich an denen, die schwach sind, mit ihnen kann er am meisten anstellen. An ihnen kann er sich preisgeben. In der Schwachheit wird Gott verherrlicht, weil der Mensch nichts mehr dazugeben kann. Die Schwachheit wird dadurch zur Stunde der Vollmacht. Gerade dort, wo der Mensch eher sein Leben wegwirft, sammelt Gott es ein und beginnt damit ein großartiges Spiel. Er fühlt sich in unserer Schwachheit voll in seinem Element. Ihn hindert nichts mehr seine Gaben und seine Gnade zu entfalten.
Somit werden sich die Potenziale, die Gott an uns entfalten will, an den Starken zerschellen. Wer sich selbst oder Gott etwas beweisen möchte, schließt sich aus den Handlungen Gottes aus. Die Großen des Glaubens, wie Paulus, rühmen am allerliebsten ihre Schwachheit, auf dass die Kraft Christi in ihm wohne. Das Erlösungswerk Christi kann nur in gebrochenen Existenzen wohnen. Schwachheit ist der Schöpfungsmorgen, an dem die Erde wüst und leer war. Wenn Gott das schwach sein liebt, ist es gut, wenn wir uns mit unseren Schwächen anfreunden. Wir brauchen nicht den dicken Max heraushängen wie toll und wie fromm wir sind. Wir können mit unserer ganzen Schauspielerei aufhören, die sich als der Starke aufspielen will. Es ist nicht nötig, uns als die Makellosen zu präsentieren, die fest im Glauben stehen. Bei allem, wo wir lernen und wachsen und uns in unserer Persönlichkeit reifen, ist nötig, uns mit unserer Schwachheit anzufreunden. Das was die Qualitäten des Reiches Gottes ausmacht, können wir nicht lernen, das kann uns nur dazu geschenkt werden. Somit ist schwach sein, das Kapital der Starken.
Woher kommt die Einstellung, wir müssten vor Gott stark sein, dass er etwas mit uns anfangen kann?
Auslegungen für jeden Tag
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