- Januar 2017 -Bruder Paidoios-
Jahreslosung: Hesekiel 36, 26
„Gott spricht: Ich schenke euch ein neues Herz und lege einen neuen Geist in euch.“
Obwohl es schon so lange zurück liegt, es ist mir noch sehr gegenwärtig: das Wagnis der Herzverpflanzung in Süd-Afrika. Täglich wartete man auf neue Nachrichten, wie geht das, funktioniert das überhaupt, wie stehen die Chancen? Über jeden kleinen Fortschritt freute man sich mit. Und im Hintergrund standen die Fragen: Darf man das? Ist das dann ein anderer Mensch mit einem fremden Herzen? Lange vor dem Professor aus Südafrika hat es Gott gewagt, den radikalen Eingriff, das Alte durch Neues zu ersetzen.
1. Lebensgefährlich krank
„Ein neues Herz und einen neuen Geist.“
Wo von Neuem die Rede ist, muss es etwas Altes geben. Der Zusammenhang redet von einem steinernen Herzen. Stein: das ist kalt, empfindungslos für Gott und Mensch, unveränderbar, lebensfremd, funktionsgestört.
Damals in Israel, das Volk gefangen und kurz vor seiner Auflösung stehend, Jerusalem zerstört, das Land ausgebeutet, Hoffnungslosigkeit macht sich breit, aber eben auch Vorwürfe an Gott, die den Menschen immer für diesen Gott unerreichbar machen. Und das geht bis heute: Man muss wohl ein Herz aus Sein haben, um einen LKW in eine friedliche Menschenmenge steuern zu können, um gnaden- und rücksichtslos Bomben auf eine bewohnte Stadt zu werfen, oder zu mißbrauen, kreuzigen, zerstören, nur weil der andere anders glaubt. Aber lassen wir uns den Blick nicht vernebeln. Auch im Kleinen, ganz Persönlichen, gibt es diese versteinerten Herzen. Es geht alles kaputt – ich habe keine Hoffnung mehr – der oder die ist für nich gestorben – zu oft werden eigene Ansprüche und Vorstellungen rücksichts- und mitleidlos durchgesetzt, Ordnungen ohne Nachdenken übertreten, und sich selber gegönnt ohne zu fragen, was es den anderen kostet. Man braucht nicht schwarz zu sehen, um die Todeskrankheit des Menschen zu erkennen und ein bißchen begütigen: es wird schon irgendwo wieder, wirkt anläßlich der Katastrophe lächerlich. Es gibt bei dieser lebensgefährlichen Herzkrankheit des Menschen nur zwei Alternativen: den Tod oder den mutigen, gewagten Eingriff zur Erneuerung.
Das ist:
2. Ärztliche Macht
Handeln kann nur, wer kompetent ist. Handeln kann nur, wer Macht hat und Fähigkeit. Handeln kann nur, wer den alten Zustand erkennt und das Neue wagt. Handeln kann nur, wer die Not und den Patienten sieht und nicht fragt, was kostet es mich oder was bringt es mir. All diese Beschreibungen laufen ganz zentral auf Gott zu. Gott erkennt den Zustand der Welt, den Zustand des Menschen, meinen und deinen, das heißt: Gott hat für uns Interesse. Gott schreibt uns nicht als hoffnungslos ab. Gott macht keine Rechnung mit dem Menschen auf. Er schenkt, weil er weiß und lebt, bezahlen kann der Mensch das Handeln und die Güte Gottes sowieso nicht. Diese Herz- und Geistverpflanzung, diese Erneuerung, ist also zutiefst Gnade, ungeschuldetes Handeln für uns. Und Gott ist auch kein Politiker, der viel verspricht und wenig hält. Gott – das heißt: ich habe die Macht zur Erneuerung, nicht nur Absichten. Mir ist es nicht unmöglich, ich bin der, der Grenzen überwindet, Mauern sprengt und Leben wirkt, wo alles zerbombt und zerstört ist.
Dieses Wort muss damals in Israel eingeschlagen haben wie eine Bombe. Denn auch das ist Gottes handeln: dort wo nichts mehr zu hoffen ist, dort wo nur noch Abgrund, Zerstörung, Nacht und gescheiterte Möglichkeiten sind, dort kommt dieser Gott aus sich selber heraus, fröhlich daher und sagt: das beeindruckt mich überhaupt nicht. Gott sagt: ich kann Veränderung, ich kann gut machen, heilen und ich Gott, habe den Mut, das täglich neu zu tun, trotz Unwilligkeit, Unbereitschaft, trotz Menschen, die das was da geschieht nicht erfassen. Gott wagt die Herzverpflanzung und setzt damit die Lebenskraft in die Todeslandschaft, den Weiterweg über den Abgrund, die strahlende Hoffnung über das müde sich Abfinden.
3. Bleibende Wirkung
Wir wissen es von den Herzverpflanzungen: die Operation an sich ist eines, aber die Genesungsphase, das Leben mit dem neuen Herzen und das immer neue Bekämpfen der Abstoßungsreaktionen ist das andere. Gott kann auch das. Das neue Herz, der neue Geist, das ganz Andere was von Gott in den Menschen hinein gesenkt wird, ist immer gefährdet. Neues Herz und neuer Geist ist Leben und damit tägliche Herausforderung. Das Neue von Gott her will Gestalt gewinnen, will prägen und ist in sich verändernd und das trifft auf Widerstand. Es will keine Veränderung ist nicht nur ein Kündigungsgrund im Blumenhaus, sondern das ständige Problem Gottes. Die mutige Tat, die erwiesene Kompetenz, das geschenkte Neue und damit Andere, sieht der Mensch nicht nur als Gabe, sondern oft als eine Herausforderung und er sehnt sich zurück zu den gewohnten Bahnen und der Ruhe der steinernen Herzen und des bewegungslosen Geistes.
Das ist die Tragik Gottes, aber eben auch die Tragik der Menschheit. Erneuerung löst nicht nur Begeistungsstürme aus, sondern – wir sehen es auch aus der Geschichte sehr oft – erbitterten Widerstand und krampfhaftes Festhalten am Alten. Das Bild prägt schon, das neue Herz und der neue Geist ist ein Fremdkörper im alten Menschen. Das was Gott schenkt ist nicht einfach ein Päckchen zu Weihnachten, das das Leben schöner, angenehmer oder prickelnder macht. Das Schenken Gottes hat das Phaszinierende und das Herausfordernde des Neuen, des Anderen.
Wir gehen in ein neues Jahr unter einem Wort Gottes, das zwei Seiten hat: ich schenke Neues. Die Jahreslosung will uns also dankbar machen für die erneuernde Macht Gottes. Sie fordert uns aber auch heraus, das Neue Gottes in unserem Leben zu hegen und zu pflegen und ihm Raum zu geben. Es fordert uns heraus, Altes loszulassen, altes Fühlen, altes Denken, alte Grundsätze. Jeden Tag steht der Postbote Gottes da und sagt: ich habe für dich ein kostenloses Geschenk. Was sagen wir? Ich freue mich, ich bin dankbar – oder aber: Annahme verweigert.
Daran wird sich entscheiden, wie das Neuschaffen Gottes in jedem Menschen und in der Welt Gestalt gewinnt. Es gibt geheime Zusammehänge, wenn sich der Mensch dem Neumachen Gottes verweigert. Wie soll da Neues werden in der Türkei, in Syrien, im Terrorismus? Das Neue von Gott her ist ein Lebenskeim. Wo wir ihn schützen und Pflegen, wächst er und breitet Wurzeln und Äste aus bis hinein in die Gebiete, wo wir schon gar nicht mehr zu hoffen wagen. Wer um seine eigene Trägheit und sein verhaftet sein mit dem Alten weis, erkennt auch dass das eine große Aufgabe ist, an der wir im Alltag oft scheitern werden.
Es geht Gott aber gar nicht um die perfekte Umsetzung aus unserer Kraft. Gottes Dynamik ist so groß, dass sie auch den Rückfall ins Alte täglich neu überwindet. Gottes Liebe ist so groß, dass sie sich an jedem kleinen Blättchen freut, das sein Lebenskeim in uns treibt und Gottes Gestalten ist so groß, dass er trotz aller Widerstände zum Ziel kommt. 2017 – wir sind eingeladen als die Beschenkten Gottes zu gestalten, eingeladen aus der neu schaffenden Kraft Gottes selber Neues zu bauen. Der schenkende und erneuernde Gott – das ist die Chance, die Kraft und die Hoffnung jeden Tages, das dieses neue Jahr bringt.