Luk 16 22-31
Es begab sich aber, dass der arme Lazarus starb, und von den Engeln in Abrahams Schoß getragen wurde. Der Reiche starb auch und wurde begraben. Als er nun in der Hölle war, sah er Abraham von ferne und Lazarus in seinem Schoß. Und er rief: Vater Abraham, sende Lazarus, damit er seinen Finger ins Wasser tauche und meine Zunge kühle; denn ich leide Pein in dieser Flamme. Abraham aber sprach: Gedenke, Kind, dass du dein Gutes empfangen hast in deinem Leben, Lazarus dagegen hat Böses empfangen; nun wird er hier getröstet, du aber leidest Pein. In all dem besteht zwischen uns und euch eine große Kluft, dass niemand, der hinüberwill, dorthin kommen kann und auch niemand von dort herüber. Da sprach er: Ich bitte dich, sende ihn in meines Vaters Haus; denn ich habe fünf Brüder, die er warnen soll, damit sie verschont werden. Abraham aber sprach: Sie haben Mose und die Propheten; die sollen sie hören. Er sprach: Nein, Abraham, wenn einer von den Toten zu ihnen ginge, so würden sie umdenken. Abraham antwortet: Hören sie Mose und die Propheten nicht, so werden sie sich auch nicht überzeugen lassen, wenn jemand von den Toten auferstünde.
Heinz aus Berlin berichtet:
„Ich bin beinahe ertrunken. Es geschah im Schwimmbad. Ich war im Wasser und es zog mich nach unten. In Gedanken schickte ich ein Stoßgebet los: ‚Gott, hilf mir!‘ Nachdem ich im Schwimmbad unter Wasser Gott um Hilfe gebeten hatte, war da erstmal eine ganze Weile nichts, an das ich mich erinnern könnte. Dann sah und spürte ich ein angenehmes, warmes Licht. Ich sah auch eine grüne Wiese. Es kam mir vor, als würde ich über diese Wiese gehen. Es herrschte Stille. Es war vollkommen ruhig und friedlich. Ich hatte kein körperliches Gefühl. Kurz danach war es plötzlich wie in einer Hölle. Das war der Schmerz durch die Wiederbelebung. Es war ungeheuerlich, als ich in den Körper zurückkehrte.“ … Heinz befand sich eigener Einschätzung zufolge (noch) nicht im Zustand des klinischen Todes, hatte jedoch das Körperbewusstsein verloren. Über seine Wahrnehmungen sagt er: „Das ist ein Sehen, das nicht mit unseren normalen Sinnesorganen erklärbar ist, denn ich war ja unter Wasser. Ich deute es als einen Blick in eine andere Welt.
Ich denke, dass keiner von uns in der Hölle landen möchte? Wer wünscht sich nicht sehnlichst, aus seiner Hölle in Abrahams Schoß zu landen?
1. Ein verhängnisvoller Irrtum
Mit einer kraftvollen, fast schon makabren Geschichte dringt Jesus in ein tieferes Verständnis zweier Welten ein. Ihm geht es weder um eine Ortsbeschreibung noch um einen Erfahrungsbericht.
Woher kommt das Bild, wir leben, dann sterben wir und danach entscheidet sich wie wir gelebt haben, ob wir in den Himmel oder die Hölle kommen?
Diese Lebenseinstellung kennt Jesus nicht. Es gibt nur einen Grund, warum er in die Welt gekommen ist: Damit wir alle das Leben haben und das in ganzer Fülle. Seine Worte sind Geist und Leben. – Weil ich lebe, werdet auch ihr leben.
In unserer christlichen Religion geht es um Leben. Leben ist immer Synonym für Himmelreich, Leben in Ekstase und Einssein mit Gott. Wir sind die Blüten am Baum und die Reben am Weinstock.
Im Tod sind wir abgeschnitten vom Stock und es fließt kein Saft mehr. Hölle ist die vom Stock getrennte Rebe, also dort, wo sich der Mensch auf sich gestellt sieht. Sowie der Mensch in der Vorstellung lebt: Hier Gott, da Mensch, oder oben er unten ich, macht er eine Trennung, in der kein Saft mehr kommt. Himmel und Hölle sind keine Orte, sondern der Zustand, in welchem der menschliche Geist wohnt. Es ist die natürliche Folgewirkung des eigenen Denkens, Sprechen und Handelns. Somit erschafft sich jeder seinen eigenen Himmel und seine eigene Hölle – und zwar hier auf der physischen Ebene. „Der Mensch bringt sich selbst in die Hölle, nicht der Herr.“ Schwedischer Wissenschaftler und Mystiker Emanuel Swedenborg.
Der Reiche litt unter unerträglicher Hitze als er sich durch die Güter dieser Welt definierte.
Das ist das, was Jesus meinte, als er sagte: „Das Königreich des Vaters ist ausgebreitet über der Erde, und die Menschen sehen es nicht. Solange wir unsere Spannungen nicht als das abgeschnitten sein von der Rebe sehen und wir den Christus im Lazarus vor unserer Türe nicht erkennen, erleiden wir die Hölle.
2. Von Engeln getragen
An unserer Straße entlang steht ein Schild: „Unselig der Mensch, der alles weiß und dich nicht kennt, glückselig aber, der dich kennt, wenn er auch von alledem nichts weiß.“ Das könnte der arme Lazarus sein. Sein Sterben war: ich aber muss abnehmen, er muss zunehmen. Er hat aufgegeben sich mit seiner Person, seinem Können, seinem Erfolg und Ansehen, selbst seinem Wissen zu identifizieren. Damit befreite er sich von irgendwelchen Umständen abhängig zu sein.
Wahres Glück beginnt dort, wo ich die schlimmste Abfuhr erhalte, den schrecklichsten Misserfolg einfahre und davon unabhängig bin.
Sobald ich sage: Gesundheit ist das Wichtigste, identifiziere ich mich mit diesem irdischen Leben. Wenn ich älter, schwächer oder kranker werde, verliere ich das, was ich als das Wichtigste hielt.
Was wir jedoch tief innen sind, kann nicht erkranken und ist dieses Leben das unsterblich ist.
Askese und Sterben bedeutet bei Jesus nie Abtötung, sondern immer frei werden für Größeres, für ein mehr an Leben.
Es ist das von Engeln hineingetragen werden in Abrahams Schoß. Dieses Sterben ist die Punktlandung in der Barmherzigkeit. Der Mutterschoß ist das tragende Auffangbecken, für das vergängliche Leben. Wir sind immer, überall und grundsätzlich die von Engeln Getragenen, die in Armut Reichen, die in Kummer Getrösteten. Das Sterben will uns offenbaren, dass wir nie vom Leben abgeschnitten sind.
3. Für immer erlöst
Leben kennt keine Grenzen. „Gott ist immer ganz in seinen Geschöpfen,“ sagt Thomas v. Aquin. Wenn Jesus nur Mensch geworden ist, um uns das Leben zu bringen, dann ist unsere erste Aufgabe, es zu leben.
Gott möchte in uns, zu dieser Zeit, an diesem Ort, in dieser unserer Gestalt über den Planeten gehen. Wir haben sein Leben zu bezeugen, durch unser Sein.
Es geht zuerst um ein Erkennen, um eine mystische Erfahrung. Wir sind mehr, als wir zu denken wagen. Wenn wir uns so verstehen könnten, als Träger göttlichen Lebens, wäre das eine unglaubliche Veränderung. Darin besteht die große Kluft des herüber und hinüber, die wir nie begreifen können. Um das zu verinnerlichen, brauchen wir nicht noch mehr Tote, die auferstehen, sondern wir haben genügend Zeugnisse in Christus und den Propheten.
Du wirst immer die Hölle erleben, wenn du Angst vor dem Sterben hast, obwohl du früher oder später sowieso alles loslassen musst. Wir werden immer nach Wasser schreien, wo wir uns mit Vergänglichen identifizieren. Wir leiden immer unter diesem zerfallenden Leben, wenn wir nicht aus dem Unvergänglichen leben.
Leben heißt: Christus vor meiner Türe zu sehen.
Du lebst als ein Unsterblicher im Sterblichen. Du bist in allen Stürmen, in allem Zerfall, getragen und getröstet, weil du in Abrahams Schoß liegst. Dir kann nichts genommen werden, weil du immer alles hast.
Auch wenn du durchs Feuer gehst, so lebe, und erkenne dein Glück.
Amen.
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